Der Begriff Markenkern oder die Marke Genossenschaft wird in letzterer Zeit häufig verwendet; um die Schutzwürdigkeit der Rechtsform Genossenschaft hervorzuheben. Dem Bundestag und dem Bundesrat geht es um den Schutz der „Marke Genossenschaft“. Angestoßen hat die Diskussion anscheinend eine kleine Anfrage der Bundestagspartei DieLinke.
Hierzu zunächst folgende Klarstellung. Der Missbrauch der Rechtsform ist ein großes Problem und es ist gut, dass sich die Politik mit dem Schutz der Rechtsform Genossenschaft befasst.
Ob eine Diskussion über die Marke Genossenschaft dafür geeignet ist, mag bezweifelt werden. Der Begriff Markenkern stammt aus dem Marketing und ist der Markenführung zuzuordnen. Es geht um die „Seele der Marke“, die das Vertrauensverhältnis zwischen Marke und seinem begeisterten Fan oder noch besser dem Käufer bestätigt. Warum ist meine Marke besser als die anderen Marken? Welche Imagevorteile werden mit der Marke transportiert? Worauf baut das Vertrauen in und die Identifikation mit der Marke auf? Wir sprechen hier über eine echte Beziehung – bestes Beispiel: „We love it“ von Mc Donalds.
Damit wird deutlich: Der Markenkern ergibt sich aus der Summe der spezifischen Markeneigenschaften, über die sich der Konsument mit seiner Marke identifiziert. Es geht um Involvement. Aus dem Markenkern ergibt sich auch die angestrebte Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb.
Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch ein Problem, denn der Begriff Markenkern passt nicht auf die Rechtsform Genossenschaft. Die Genossenschaft ist in erster Linie eine Rechtsform und diese kann bestenfalls als Gattungsbegriff und nicht als Marke dienen.
Warum? Die Rechtsform Genossenschaft löst heute leider keine Begeisterung aus, im Gegenteil viele Genossenschafts-Mitglieder stehen der Rechtsform Genossenschaft einigermaßen gleichgültig gegenüber. Die Mitgliedschaft ist dann reine Formalität.
Das heißt die Mitglieder identifizieren sich gar nicht mit ihrer Genossenschaft oder den Genossenschaftsgedanken. Sie haben sich noch nie intensiv damit befasst. Im Gegenteil, es gibt eine Vielzahl von Vorurteilen und Falschinformationen.
Gemeinschaftseigentum hört sich irgendwie verdächtig an. Darum werden Genossenschaften auch als sozialistische Experimente abgetan oder als arme Leute Firma. Genossenschaften werden aber auch immer wieder als gemeinnützig oder am Gemeinwohl orientiert, dargestellt. Vergleichbare Meldungen lesen wir jede Woche – auch im Zusammenhang mit der Mietdeckel-Diskussion.
Die Rechtsform Genossenschaft ist alt aber hochflexibel und weltweit im Vormarsch.
Das hat aber wenig mit der “Struktur“ Genossenschaft zu tun. Es geht dabei vor allem um den WERT von „Miteinander“. Menschen lernen, dass Kooperation sinnvoller und natürlicher ist, als sich „Gegeneinander“ instrumentalisieren zu lassen.
Man mag den „Traum“ von „Marke Genossenschaft“ ruhig weiter träumen. Man mag sich auch einbilden, dass eine Rechtsform jemals etwas wie Identifikation oder gar Begeisterung auslösen könnte. So „träumen“ eigentlich nur „Abgeordnete“, die weit genug entrückt sind, von dem, was Menschen wirklich anspricht. Wäre es nicht schön, wenn diese Form von Abgeordneten, für mehr Selbstorganisation und nicht mehr „Staatsbürokratie“ eintreten würden. Weniger Staat zu verkünden, den Menschen mehr Potenzial für Selbstverantwortung und Selbstgestaltung einzuräumen – dann könnten auch Genossenschaften den Weg zur „Marke“ finden.
Es geht ganz einfach: Im Zeitalter der Digitalisierung könnte man Genossenschaften und sogar auch deren Mitglieder ernst nehmen und sie votieren lassen. So kann Genossenschaft funktionieren.
Das neu angebrochene Zeitalter der Digitalisierung und der Kooperationswirtschaft begünstigt die Genossenschaft als voll rechtsfähige Netzwerk.
Und übrigens: Viel sinnvoller als die „staatstragende“ Diskussion um die Marke Genossenschaft wäre eine einheitliche europäische Gesetzgebung. Es gibt bereits einheitliche Standards was eine Genossenschaft ist und wie eine Kooperative funktioniert.
In der EU sind nur in Deutschland und Österreich Genossenschaften „staatsfixiert“. Ob wir es mögen – oder nicht – die anderen EU-Länder haben wirklich kein Interesse, Deutschland als Vorbild in Sachen „Genossenschaft“ zu sehen. Es ist noch ein langer steiniger Weg den Markenkern der Rechtsform Genossenschaft herauszuarbeiten.
Es fehlt aber auch ein deutliches politisches Zeichen, dass anzeigt „Selbst-Organisation“ ist gewollt. Z.B. indem man „Geno-Startups“ für 3-5 Jahre Steuerfreiheit gewährt, sofern sie in dieser Zeit Eigenkapital aufbaue, keine Gewinne ausschütten und sich an die genossenschaftlichen Spielregeln halten.
Arbeitsgruppe CoopGo / igenos Deutschland e.V.
3 Kommentare.
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