Delitzsch, 12. April 2018 (geno). Wo gibt es denn eine solche Basisdemokratie noch, fragt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft (DHSDG) in seinem Grußwort am Donnerstag zum Auftakt der 23. Delitzscher Gespräche. Gemeint sind Genossenschaften, denen die Attribute regional, innovativ und demokratisch geradezu im Naturell liegen. Auf der Tagesordnung stand die Präsentation typischer Beispiele aus Thüringen, Hessen und Berlin.
Aus Sachsen, wo von knapp vier Millionen Einwohnern etwa eine Million Mitglieder einer Genossenschaft sind und das damit Genossenschaftsland ist, stellten die 16jährigen Tom Heintke und Michael Schmidt vom Delitzscher Ehrenberg-Gymnasium ihre Schülergenossenschaft vor. Sie haben mit 13 jugendlichen Kombattanten die erste sächsische Schülergenossenschaft gegründet, die ein vor zehn Jahren zu Grabe getragenes Schülercafe revitalisiert und wieder auf volle Touren gebracht hat. Über viel Kreatives berichteten Kai Lehmann von der Stadtführergenossenschaft Vive Berlin eG, Alexander Schilling von der Erfurter KulturQuartier Schauspielhaus eG i.G. und Diana Wetzestein von der WerraHanf Genossenschaft aus dem nordhessischen Wanfried.
Die Vorstandsvorsitzende der WerraHanf eG beschreibt sehr eindrucksvoll und ausführlich die Entstehungsgeschichte ihrer Selbsthilfeorganisation, die am 1. November 2017 mit neun Gründungsmitgliedern startete und tagesaktuell auf 111 in zwölf Bundesländern ansässige Mitglieder angewachsen ist.
Das Operationsgebiet dieser ökologisch orientierten Genossenschaft erstreckt sich entlang des mitteldeutschen Flusses Werra von der Quelle bis zur Mündung über rund 300 Kilometer. Berührt werden die Bundesländer Thüringen, Hessen und Niedersachsen. Statt des permanten Negativ-Images Werraversalzung durch die Kaliindustrie will die seit nunmehr fünf Monate existente WerraHanf-Vereinigung wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Glanz über die oft als Armenhaus deklarierte Region breiten. Im Mittelpunkt des nachhaltigen Vorhabens steht die uralte Kulturpflanze Hanf und die aus ihr schier unerschöpflich erscheinende Produktpalette für viele Lebensbereiche. Wohnungsbau, Ernährung, Textliindustrie und Automobilbau gehören dazu. Begonnen wurde mit Bio-Hanföl, das inzwischen in 30 Geschäften der Region erhältlich ist. Die erste Ernte im vergangenen Jahr erbrachte zwei Tonnen Hanf, der binnen 100 Tagen gewachsen war und schnellstmöglich verarbeitet werden musste. Messbar ist der Anfangserfolg auch an dem Echo bei den Landwirten, die den Rohstoff anbauen. Von einem Hektar im vergangenen Jahr werden in diesem Jahr bereits 25 Hektar landwirtschaftlicher Fläche mit der altbewährten Kulturpflanze bewirtschaftet.
Zum Abschluss der 23. Delitzscher Gespräche überreichte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV), Dr. Eckhard Ott, höchste Auszeichnungen seiner Dachvereinigung. Die DGRV-Ehrennadel in Gold wurde Dr. Axel Viehweger, der neben dem DHSDG-Ehrenamt auch den Verband der Sächsischen Wohnungsgenossenschaften (VSWG) leitet, und dem Oberbürgermeister von Delitzsch, Dr. Manfred Wilde, für Verdienste um das Genossenschaftswesen verliehen. ++ (dg/mgn/12.04.18 – 073)
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