Ein Erfolgstitel im deutschen Zeitschriftenmarkt heißt Land-Lust. Ein Magazin, dass sich der wieder neu erwachten Sehnsucht seiner wachsenden Leserschaft nach Heimat, Behaglichkeit und Geborgenheit im eigenen Garten und eigenen Heim widmet.
Diese Sehnsucht und das neue erlebte Heimatgefühl, kann als eine Reaktion auf die Globalisierung und die damit verbundene zunehmende Verunsicherung verstanden werden. Der Garten als Idylle ermöglicht die Flucht aus den komplexen politischen Problemen. Das behaglich gestaltete Zuhause lässt die mühsamen Anstrengungen der Politiker um Euro-Rettung und die Völkerwanderung aus Afrika und Vorderasien vergessen.
Die Realität sieht anders aus – Land Frust. Der Bäcker und Metzger haben schon lange aufgegeben, der Lebensmittelhändler hat zugemacht. Die Tankstelle, der letzte Nah- und Notversorger wurde auf Automatenbetrieb umgestellt. Der Tankstellenshop zugemauert. Gasthäuser sind Vergangenheit. Das letzte Dorfgasthaus bleibt für immer geschlossen, die mit dem Eigentümerwechsel einhergehenden Brandschutzmaßnahmen sind zu teuer. Die Grundschule ist Geschichte, die KITA gefährdet.
Die traditionellen – einst so schönen, rauschenden Dorffeste im Feuerwehrschuppen werden immer häufiger von der Lebensmittelaufsicht aus der Kreisstadt heimgesucht und überwacht. Angeblich werden europäische Hygienevorschriften missachtet und die Verkaufstheke habe keinen “Spuckschutz“. Aber wer spuckt denn schon auf den Grill?
Dem Schützenmeister wird vom Finanzamt „Schwarzgastronomie“ vorgeworfen. Wo leben wir denn eigentlich – ach ja auf dem Lande, mit uns kann man es ja machen. Die Dorfgemeinschaft bricht so langsam auseinander. Land-Frust.
Eigentlich überrascht es niemanden. Nun soll auch noch die Filiale der Raiffeisenbank schließen. Das Trostpflaster, die Filiale im Nachbarort bleibt ja bestehen. Ach wofür noch einem Geldautomaten – wenn das Geld ja doch nicht vor Ort ausgeben werden kann.
Auf Wunsch von Vorstand und Aufsichtsrat soll die Raiffeisenbank fusionieren. Ausgerechnet mit der VR-Bank der Kreisstadt, angeblich weil die Zinsen so niedrig sind. Wieder soll die EU Schuld sein. Dabei hat die seit mehr als 120 Jahren bestehende Bank Genossenschaft mit knapp 8.700 Kunden, davon 4.500 Mitgliedern im vergangenen Jahr mehr als 1,1 Mio Gewinn erzielt. Reicht das nicht?
Ist es jetzt nicht Zeit aufzustehen und sich für eine aktive Bürgerbeteiligung einzusetzen? Nein, keine Bürgerwehr. Warum nicht eine Bürgergenossenschaft gründen? Das ist ganz einfach, zumal die Strukturen schon da sind. Der Rechtsmantel der Raiffeisen Genossenschaft besteht schon – es ist lediglich eine Satzungsänderung notwendig. Die Mitglieder müssen nur mehrheitlich beschießen den Geschäftszweck zu ändern. So einfach geht Genossenschaft.
Gleichzeitig ist eine Doppelmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband zu empfehlen. Warum? Der alte Verband hat die Fusion empfohlen und setzt dabei nur die Strategien des Dachverbands BVR um. Gegen die Interessen der Genossenschaftmitglieder, die nebenbei den Verband auch noch fianzieren. Unterstützt der Vorstand die Fusion nicht – leistet die BaFin Amtshilfe. Unglaublich aber wahr, Vorstände, die sich vehement gegen Fusionen wehren, werden ausgetauscht.
Ist das Verschwörungstheorie? Die Genonachrichten haben nachgefragt. Um anderen Genossenschaften Mut zu machen. Genonachrichten möchte die Ergebnisse kurz vorstellen.
Schritt 1 ist relativ einfach. Die Mitglieder, benötigt werden eine 75% Mehrheit, beschließen ihre Genossenschaft wieder selbst zu verwalten. Das ist einfach. Es besteht aber die Gefahr, das Vorstand und Aufsichtsrat mit Blankovollmachen arbeiten um eine Satzungsänderung zu verhindern.
Schritt 2. Die Mitglieder beschließen eine Satzungsänderung und eine Änderung des Geschäftszwecks. Die Bankgenossenschaft wird zur Bürgergenossenschaft.
Schritt 3. Das Bankgeschäft, mit dem unsere „Beispiel Genossenschaft“ immerhin 1,1 Millionen Jahresüberschuss macht, wird abgetrennt und an eine genossenschaftliche VR Bank in der nahen Stadt verkauft.
Schritt 4. Das Genossenschaftsvermögen bleibt im Ort und wird in unterschiedliche Projekte in den Ortsteilen investiert. Das Vermögen bleibt aber in der Genossenschaft, denn diese wird nicht aufgelöst. Ein Großteil des Vermögens kann z.B. in der genossenschaftlichen Regionalbank angelegt werden, die das Bankgeschäft übernimmt.
Diese Geldanalage garantiert dafür den Erhalt des Geldautomaten und eine „EASYCREDIT Basisversorgung“ . Außerdem zahlt die Regionalbank der Genossenschaft eine Dividende.
Alles ist ist ganz fair, transparent und geht nach der Anzahl der Köpfe. Unsere im Beispiel genannte Genossenschafts-bank hat knapp 4.700 Mitglieder. Das Genossenschaftsvermögen von knapp 17 Millionen € reicht aus um ein Dorfgasthaus Projekt , mit Dorfladen und eigener Energieversorgung, ein Bürgertaxi und Car-Sharing zu finanzieren.
In den beiden andren Ortsteilen kann die Bürgergenossenschaft mehrere leerstehende Häuser kaufen und als genossenschaftliche Mehr-Generations Wohnanlage sanieren.
Trotzdem hat die Bürgergenossenschaft immer noch genug Rücklagen um ihre Genossenschaftsmitglieder langfristig zu fördern. Die neu gestaltete Genossenschaftssatzung erlaubt viele Gestaltungsmöglichkeiten, denn es besteht Satzungsfreiheit.
Warum sollen Genossenschaften mit langjähriger Tradition im Genossenschaftsregister gelöscht werden? Warum sollen die Mitglieder bei Fusionen das Genossenschaftsvermögen der Genossenschaftsbank verschenken? Welche Rolle spielt die BaFin?
Fragen Sie Ihre Landtags- und Bundestagsabgeordneten. Die große Koalition gegen den kleinen Mann muss beendet werden!
Der Autor Gerald Wiegner ist im Vorstand der igenos e.V. Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Mitgliederrechte: Kontaktadresse igenos.de
Satzungsfragen: Kontaktadresse www.genossenschaftswelt.de
Prüfungsverbände: Kontaktadresse www.coopgo.de
Literaturhinweis: Bürgergenossenschaft – so wird es gemacht
igenos Schriftenreihe Genossenschaftspraxis Band 4 – Erscheinungstermin Oktober 2018
ISBN 978-3-947355-21-1
Unsere Genossenschaftsbank soll fusionieren.
igenos Schriftenreihe Genossenschaftspraxis Band 2
ISBN 978-3-947355-12-9 7,90€
Aufsichtsräte: Vorsicht bei Fusionsvorbereitungen !
Zu Sorgfaltspflicht und Haftung des Aufsichtsrates siehe: Glenk, Genossenschaftsrecht, 2. Auflage 2013, Verlag C. H. Beck, Rn. 587 ff. .
Bei Fusionsabsichten sollten sich Aufsichtsräte darüber im Klaren sein, dass spätestens seit der Rechtsprechung des OLG Brandenburg (Urteil v. 23.08.2005 – AZ 6 U 132/04) und dem BaFin- „Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG“ (vom 03. Dezember 2012) erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflichterfüllung gem. § 41 i.V.m. § 34 GenG gelten: Der Einwand des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds, es sei fachlich nicht in der Lage gewesen, die Tragweite von Beschlussfassungen zu übersehen, schützt künftig nicht mehr vor haftungsrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen. In Betracht kommen zivilrechtlich sowohl Schadensersatzansprüche gegen den Aufsichtsrat insgesamt (gesamtschuldnerisch) als auch gegen das einzelne Aufsichtsratsmitglied. Strafrechtlich geht es um § 266 StGB: „Untreue“. Letzterer Tatbestand ist erfüllt, wenn durch die Verletzung der Sorgfaltspflicht eine Vermögensgefährdung oder ein Vermögensnachteil der Genossenschaft eintritt. Bei der Fusion von Genossenschaftsbanken mit erheblichen Vermögensübertragungen kann eine solche Gefährdung eintreten. Insofern ist den Mitgliedern der Bankaufsichtsräte dringend zu empfehlen, sich nicht nur auf das Fusionsgutachten des Verbandes zu verlassen, der häufig eigene Interessen verfolgt, sondern seitens des Aufsichtsrates eine Zweitmeinung einzuholen und über diese zu beraten und zu beschließen. Hierauf zu verzichten ist mit der genossenschaftlichen Sorgfaltspflicht unvereinbar.
Anmerkung von igenos e.V. Fusionspolitik: Die heute von den Verbänden vorgegebene Fusionspolitik ist weder mit den Mitgliederinteressen noch mit der Erfüllung des Förderauftrags zu vereinbaren. Die Mitglieder der durch Fusion gelöschten Genossenschaft werden von ihren Aufsichtsräten und Vorständen nicht über die Höhe ihres Genossenschaftsvermögens informiert. Abstimmungen werden häufig mit Blankovollmachten manipuliert. Die Mitglieder werden von Ihren Vorständen aufgefordert, ihr Mitgliedervermögen an die übernehmende Bank abzutreten. Auf diese Weise wird das vor Ort erwirtschaftete Mitgliedervermögen abgezogen.
Aber es git auch gute Nachrichten. Laut Umwandlungsgesetz UmwG § 25 haften Vorstände und Aufsichtsräte noch 5 Jahre für Ihre Informationspolitik.
3F Phänomen, Genossenschaftsmitglieder, Mitgliedervermögen, unteilbare Fonds, Verena Klappstein, Volker Beuthien
https://www.genonachrichten.de/anleitung-zum-bankraub-unsere-bank-soll-fusionieren/
3 Kommentare.
aus meiner Sicht legen Sie und Herr Scheumann „den Finger in die richtige Wunde“ … Dennoch befürchte ich, dass die wenigsten der 18,3 Mio. Mitglieder aktiv werden wollen, schon allein, weil sie mit einem geringen Anteil beteiligt sind. Diese „Apathie“ ist die „große Chance“ für das Verbands- und Verbundmanagement. Die wenigsten Mitglieder überschauen die Vermögensverschiebungen. Doch es wäre das Gebot von Ehrlichkeit, hier zu informieren. Doch dafür gibt es kaum finanzielle Unterstützung. Die Verbände, insbesondere der BVR, sind in einem Dilemma. Aber aus Perspektive des Marktes „stören“ die Genossenschaften und gehören transformiert, das Ergebnis wird für alle von Nachteil sein. Darum ist es so wichtig, sich für den Fortbestand gerade der „alten“ Genossenschaften einzusetzen, wie ich es bei Ihnen aber auch Herrn Bergner und Herrn Kaltenborn wahrnehme. Aber Genossenschaften wirtschaften anders als GmbHs oder AGs, sie mit diesen gleich werden lassen zu wollen, wie es aus meiner Sicht ein Irrtum von Schulze-Delitzsch gewesen ist, im Gegensatz zu Raiffeisen, führt sie ihrer Umwandlung und ihrem Untergang entgegen.
[…] Die genossenschaftlichen Pflichtprüfungsverbände der DGRV-Organisation leisten hier regelmäßig Beihilfe zum systematischen Verstoß gegen das im Umwandlungsgesetz beschriebene Transparenzgebot. Die rechtlich selbstständigen Genossenschaften werden im Rahmen der Fusion mit staatlicher Unterstützung zur Auflösung gezwungen. Das jahrelang angesparte Millionenvermögen der Genossenschaftsglieder wird im Rahmen der Genossenschaftsauflösung verschenkt. Auch hier wird die Gutgläubigkeit der Genossenschaftsmitglieder brutal ausgenutzt. […]
Das hört sich sehr interessant an – gibt es da auch eine Idee oder Lösung wie in einer Bürger – oder besser Dorfgenossenschaft unser Flüchtlinge beschäftigt werden können. Wir denken darüber nach
eine große Steuobstwiese zu einem Gemeinschaftsgarten mit Grillstelle und Backhaus einzurichten. Dann hätte der ganze Ort etwas davon.