Berlin, 23. Oktober 2019 (geno). Erste Nebenwirkungen der BBU Mietendeckel Diskussion. Genossenschaftsmitglieder fordern eigenständigen Prüfungsverband. Hintergrund: Genossenschaften sind laut Genossenschaftsgesetz §54 verpflichtet einem Prüfungsverband anzugehören, der eine jährliche Pflichtprüfung gemäß § 55 GenG durchführt.
Der BBU (Verband der Berlin Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V.) ist kein typischer Genossenschaftsverband, denn der BBU vertritt auch die Interessen der privatwirtschaftlichen Wohnungsgesellschaften.
Peinlich, die aktuelle BBU Mietendeckel Diskussion nährt den Verdacht, das die Honorare aus der Pflichtprüfung und die Mitgliedsbeiträge der Genossenschaften dafür eingesetzt werden um die Lobbypolitik der Wohnungswirtschaft zu finanzieren.
Die betroffenen Wohnungsgenossenschaften sollten konsequenterweise darüber nachdenken ihren Prüfungsverband zu wechseln und sich zum Beispiel der unabhängigen CoopGo Initiative anzuschließen. Hierzu ist gegebenenfalls eine Satzungsänderung notwendig. Da in Deutschland Satzungsfreiheit besteht, kann sich jede Genossenschaft eine eigene Satzung geben.
Das hört sich nicht nur kompliziert an, der Sachverhalt ist auch kompliziert. Unser genossenschaftliches Verbandswesen ist sehr komplex, mehrstufig und hat als „Selbstverwaltungsorganisation“, weltweit eine historisch bedingte Sonderstellung. Weltweit funktioniert „Genossenschaft von unten“, dass heißt die Mitglieder entscheiden, denn es handelt sich bei Genossenschaften um demokratisch und transparent geführte Gemeinschaftsunternehmen.
In Deutschland fließen lediglich die Geldmittel von „unten nach oben“. Transparenz ist ein Fremdwort. Tatsächlich hat sich in der genossenschaftlichen Selbstverwaltung das Führerprinzip breit gemacht. Das bedeutet die Entscheidungen werden oben getroffen und unten ausgeführt.
Aus diesem Grund ist der BBU als „genossenschaftlicher Prüfungsverband“ auch gleichzeitig Mitglied des GdW (Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen). Dieser bildet zusammen mit dem DGRV (Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband) den „gemeinsamen Ausschuss der Genossenschaftsverbände“ eine weitere Hierarchiestufe, die dann den direkten Einfluss auf die Gesetzgebung ausübt.
Auch diese Institutionen werden letztendlich von den Genossenschaftsmitgliedern finanziert. Mit der ursprünglichen Idee der genossenschaftliche Selbstverwaltung hat das ganze Veranstaltung wenig zu tun.
Der GdW ist der direkte Nachfolger des GGW, des Gesamtverband gemeinnütziger Wohnungsunternehmen. Die neoliberale Wirtschaftpolitik der Kohlregierung führte zur Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit.
Im Jahr 1989 wurde der GGW in den GdW umbenannt und mußte sich „mangels Masse“ umorientierten: Der Verband vertritt weiterhin viele der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, welche, im Vergleich zu den Zeiten der Wohnungsgemeinnützigkeit, vielfach zu großen börsennotierten Unternehmen mit einer stärkeren Marktorientierung angewachsen sind. (Wikipedia) BLACKROCK & CO lassen grüßen.
Da privatwirtschaftliche Wohnbau-Unternehmen nun einmal andere Interessen haben als Wohnungsbaugenossenschaften, deren Aufgabe es ist, ihre Mitglieder im Rahmen der genossenschaftlich Mitgliederförderung mit preiswerten Wohnraum zu versorgen, besteht ein vorprogrammierter Interessenkonflikt.
Darum ist die aktuelle Diskussion um den Mietendeckel nur ein Beispiel. Eigentlich geht es auch um den Mietenspiegel, der als wesentliches Kriterium der freien Preisfindung, durch die Wohnungsbaugenossenschaften nach unten gedrückt wird. Der Immobilienmarkt wird stark durch Angebot und Nachfrage geprägt. Aus diesem Grund sprechen wir von regionalen Teilmärkten, in denen das Mietpreisniveau stark schwankt.
Die Festlegung der Nutzungsgebühren einer Genossenschaftswohnung unterliegt nicht dem Mietpreisspiegel. Darum sollten die Nutzungsgebühren immer auf der Grundlage einer von der Generalversammlung bzw. Vertreterversammlung beschlossenen Mietenkonzeption festgelegt werden.
Die Berliner Initiative Genossenschaft von unten und igenos e.V. die bundesweite Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder sehen in der derzeitigen Praxis einen massiven Interessenkonflikt. Wie will der GdW, als Spitzenverband der Wohnungswirtschaft, einerseits die Interessen der Wohnungs- und Wohnbaugenossenschaften vertreten, wenn er gleichzeitig als Interessenvertretung für börsennotierte Wohnbauunternehmen agiert. Die gewerblichen Wohnungswirtschaft hat eine Ausrichtung auf hohe Erträge sprich Gewinn-Maximierung. Der selbstverwaltete genossenschaftlich, organisierten Wohnungssektor, hat sich ausschließlich an den Interessen der Genossenschaftsmitglieder zu orientieren.
Fazit. Es ist davon auszugehen, dass ein niedriges Mietpreisniveau nicht der Interessenlage der privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen entspricht. Darum kann es auch nicht im Interesse der Nutzer und Miteigentümer einer Genossenschaftswohnung sein, wenn sich die Genossenschaftsvorstände bei der Festlegung der Nutzungsentgelte am lokalen Mietpreisspiegel orientieren.
Das Nutzungsentgeld einer Genossenschaftswohnung sollte sich aus anderen Kriterien ergeben, denn grundsätzlich gilt auch für Wohnungsgenossenschaften, der im § 1 des GenG beschriebene Förderauftrag.
Darum muss auch die Vereinigung Berlin-Brandenburgischer Unternehmen (BBU) dringend umgebaut werden. Das verlangt die Berliner Initiative „Genossenschaft von unten“. Gleichzeitig kann so auch die vom Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW) empfohlenen Mustersatzung entsorgt werden. Die BBU Mietendeckel Diskussion nimmt somit einen neuen Verlauf. ++ (dr/mgn/23.10.19 – 181)
++++update+++ Die Genonachrichten greifen die BBU Mietendeckel Diskussion noch einmal auf.
Quelle: Die GdW Hintergrundformationen wurden von genoleaks übernommen, gekürzt und angepasst.
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[…] anders und weicht vor allem in der Satzungsregelung und in der Führungskultur deutlich von den Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW) Standards ab, so igenos die Interessenvertretung der […]