Wien, 6. September 2018 (geno). Aufschlussreiche Einblicke in das Wechselspiel zwischen konventionellen Hierarchien und Selbstorganisation in Unternehmen gibt Sabine Stortenbeek. Sie kennt beides aus dem Effeff, weil sie sowohl lange Zeit in hierarchisch strukturierten Firmen wie IBM, PWC und SAP als auch in typisch genossenschaftlich geordneten Unternehmen wie der Bank für Gemeinwohl – der jetzigen Genossenschaft für Gemeinwohl – tätig war und ist.
Zunächst weist sie auf ein Missverständnis hin. „Hierarchie“ werde gerne im negativen Sinne von „autokratisch“ verwendet. Das treffe aber nur zu, wenn es um Machtaspekte geht. In funktioneller Hinsicht sei Hierarchie eine Art heilige Ordnung und eben doch sinnvoll, weil es ganz ohne Hierarchie nicht geht. Alles andere wäre Illusion. „Nur die konkrete Ausgestaltung mag ganz anders aussehen, als das, was man sich gemeinhin als Hierarchie vorstellt.
Und insbesondere muss sie nicht statisch sein, sondern kann sich dynamisch ändern. Wichtig ist nur, dass einerseits Rollen und Zuständigkeiten klar sind, andererseits „Autorität“ sich aus der persönlichen Kompetenz ergibt – und nicht aus einer Machtstruktur. Gerade auch in selbstorganisierten Strukturen ist nämlich Rollenklarheit wichtig. Aber mit dem Unterschied: Es kann sich ständig ändern. Es handelt sich also in gewisser Weise um eine Ordnungsstruktur, die nicht starr wie Eis ist, sondern beweglich wie Wasser,“ so Stortenbeek.
Die studierte Japanologin, Wirtschaftswissenschaftlerin und Psychologin erläuterte dazu ein Beispiel aus dem eigenen Erfahrungsschatz: „In der letzten Organisation, in der ich gearbeitet habe, war Partizipation groß geschrieben und die Generalversammlung aller Genossenschaftsmitglieder war bei allen richtungweisenden Grundsatzentscheidungen einzubinden. Da könnte man vermuten, dass die gemeinsame Diskussion und Entscheidungsfindung sehr problematisch wird. Natürlich gab es auch immer wieder Situationen, wo es nicht einfach war, aber im Grundsatz steht die Beobachtung: Wann immer von der Geschäftsführung sinnvolle Entscheidungsvorschläge vorgelegt wurden und die Geschäftsführung authentisch erklären konnte, warum sie denkt, dass dies die beste Entscheidung ist, dann verliefen sowohl Diskussion und Entscheidungsfindung sehr konstruktiv. In den Momenten, wo dies nicht der Fall war, war eine Entscheidungsvorlage entweder nicht gut vorbereitet oder die Geschäftsführung konnte sie nicht authentisch vorbringen.“ ++ (gn/mgn/06.09.18 – 177)
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