Berlin, 3. Juli 2018 (geno). „Für das Gedicht von Eugen Gomringer „Avenidas“ haben wir inzwischen zwei Gebäude ausgewählt. Spätestens im Herbst dieses Jahres werden die lyrischen Zeilen des südamerikanischen Künstlers und Schriftstellers auf einem der beiden Häuser gut sichtbar in Spanisch und Deutsch zu lesen sein.“ Das sagte Andrej Eckhardt, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“ Hellersdorf eG, am Dienstag in Berlin auf Nachfrage der Redaktion GenoNachrichten. Seine Genossenschaft habe mit dem Künstler und seiner Familie alle notwendigen Vereinbarungen, Vorkehrungen und Absprachen getroffen.
Das Gedicht hatte in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren zu enorm hitzigen Diskussionen und Irritationen geführt. Es war bislang auf der Südfassade der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin-Hellersdorf angebracht worden, nachdem der bolivianisch-schweizerische Schriftsteller im Jahr 2011 mit dem Alice-Salomon-Poetik-Preis ausgezeichnet worden war. Später erwuchsen daraus Debatten, die zu nicht überbrückbaren Gegensätzen führten. Der Hauptvorwurf besteht darin, die Verse seien sexistisch und verletzten die Menschenwürde. Schließlich hat der Akademische Senat der Hochschule beschlossen, das Gedicht bis Herbst 2018 zu demontieren bzw. durch Überpinseln zu liquidieren.
Außer heftigen verbalen Auseinandersetzungen, die den lokalen Rahmen sprengten und auch national und international geführt wurden und werden, reagierte als einzige die Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“ mit praktischen Schritten. Sie erklärte sich bereit, das zu tilgende Kunstwerk des heute 93jährigen Gomringers an einem ihrer Gebäude wieder erstehen zu lassen.
Die Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“, die im vergangenen Jahr ihr 20jähriges Bestehen feierte und als erste im Jahr 1995 Ost-Berliner volkseigene Plattenbauten in Genossenschaftswohnungen umwandelte, gilt als außerordentlich kunst- und kulturbeflissen. In einem von ihr betriebenen Kulturtreff haben sich verschiedene künstlerische Arbeitskreise profiliert. Dazu zählt der Theaterkurs „Kleine Bühne“. Unter der Federführung von Doreen Richter sind die Schwerpunkte auf Improvisationstheater, Szenenerarbeitung sowie das Zusammenspiel von Sprache, Mimik und Körperhaltung gesetzt. Wie nunmehr die Kulturzeitung der Genossenschaft des Jahres 2018 ankündigt, errichtet die Genossenschaft ein eigenes Theater. Nach den Worten von Vorstand Eckhardt soll es rund 200 Plätze haben und ein Zentrum des lokalen Kulturlebens werden. Dass dies keine leeren Worte sind, ist vor Ort erkennbar. Der Bauplatz ist eingerichtet und die Bauarbeiten sind in vollem Gange. ++ (ku/mgn/03.07.18 – 129)
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