Distributismus als genossenschaftlicher Klassiker der katholischen Soziallehre

Mondragon – Rom, 25. Juni 2018 (geno). Die Anwendung katholischer Unternehmensgrundsätze funktioniert auch in der Privatwirtschaft. Zu denen, die dafür einen der überzeugendsten Beweise liefert, ist die baskische Genossenschaft Mondragon, die zur größten Genossenschaft der Welt aufgestiegen ist und zu den größten Unternehmens Spaniens zählt. Wie in dem Onlinemagazin der katholischen Lebensart „The Cathwalk“ von Simon Bannwart weiter festgestellt wird, verkörpert die von einem katholischen Priester nach dem Spanischen Bürgerkrieg wegen der hohen Arbeitslosigkeit in der baskischen Kleinstadt gegründete Mondragon Corporacion Cooperativa das eindrücklichste Beispiel für eine Unternehmung im Geiste des sogenannten Distributismus – der katholischen Alternative zu Kapitalismus und Sozialismus.

Jose Maria Arizmendiarrieta rief  mit Hilfe der Bevölkerung im Jahr 1943 eine technische Berufsschule ins Leben. Den jungen Schülern wurden humanistische Prinzipien wie Solidarität und Mitbestimmung im Geiste der katholischen Soziallehre vermittelt. Aus dem Kreis der Schulabgänger wählte der Geistliche fünf Absolventen aus und gründete mit ihnen 1954 eine erste Produktionsgenossenschaft.  Die Kooperative expandierte in der Folgezeit derart, dass viele weitere Genossenschaften im In- und Ausland entstanden. Ein eigenes Finanzinstitut übernahm die Versicherung der Genossenschaftler, berät und entwickelt die einzelnen Betriebe. Es wurde eine eigene Universität gegründet um den Nachwuchs zu schulen  Die Mitarbeiter der unterschiedlichen Genossenschaften sind am genossenschaftlichen Unternehmensverbund beteiligt. Die ursprünglichen, bis heute gültigen Prinzipien sind die Arbeitsplatzbeschaffung, Kapital im Eigentum der Arbeitenden und begrenzte Lohnunterschiede zwischen den Genossenschaftern und ihren Vorständen – anfangs im Verhältnis 1:3, gegenwärtig 1:8. Ergänzt wird das durch eine gleichmäßige Gewinnverteilung und eine demokratische Organisation.

Mondragon beweist, dass die Idee des Distributismus als ein Grundpfeiler der katholischen Soziallehre nicht tot ist. Sie führt nur ein Schattendasein. Papst Leo XIII. proklamierte sie im Jahr 1891 höchstoffiziell mit der Enzyklika Rerum Novarum. Der Pontifex beschrieb damals die Ausgangslage so: Das Kapital ist in den Händen Weniger angehäuft, während die große Menge verarmt. Und die einstigen Genossenschaften der arbeitenden Klassen zerfallen in der Epoche der Industrialisierung. Verblüffend ähnlich ist die Situation heute. Mondragon ist der lebende Beweis dafür, dass der Distributismus ein genossenschaftlicher Klassiker und als Scharnier zwischen Moral und Ökonomie funktionstüchtig ist. Zunächst betriebwirtschaftlich. Dass es auch auf volkswirtschaftlicher Ebene klappt, wäre zu belegen. Doch zuerst muss er aus seiner Nische gerissen werden und eine dauerhafte kommunikative Pirouette auf der Bühne der Weltöffentlichkeit drehen. ++ (kt/mgn/25.06.18 – 123)

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Machen Genossenschaften glücklich? Was verbirgt sich hinter MCC der Mondragon Corporación Cooperativa? HUMATITY AT WORK steht nicht von ungefähr in Grossbuchstaben auf dem Firmenlogo. Wie aber soll das bitte gehen?   Was haben die  vier MCC  Hauptgeschäftsfelder Finanzierung, Industrie, Handel und Wissen  mit Humanität  zu tun?   Der Stadtsoziologe Dr. Hans Harms, seit 30 Jahren in St. Sebastian ansässig und bei der dortigen Stadtverwaltung beschäftigt, erklärt uns warum die Gesellschaftsform der Cooperative im Baskenland so ausgeprägt ist.

  Es gab keine großen Industrieansiedlungen und somit keine massenhafte Beschäftigung, die Menschen haben sich zusammengetan und gemeinsam für ihr Überleben gesorgt.  Harms belegt dann anhand einiger OECD Statitiken, das HUMANITY AT WORK anscheinend funktioniert und ernst gemeint ist.  Die durchschnittliche Lebenserwartung ist messbar und im Baskenland höher als in Spanien. Stressbedingte Zivilisationskrankheiten sind weitaus seltene,  der Gesundheitszustand ist besser, das Durchschnittseinkommen ist höher, die Work/Life Balance ist ausgeglichen. Ja es gibt sogar einen internationalen Wohlfühlindex indem die Basken führend sind.

 Das Modell Genossenschaft funktioniert anscheinend und ist zur Nachahmung empfohlen. Es kommt bei MONDRAGON anscheinend nicht unbedingt  darauf an, was die Sparten  produzieren oder leisten,  sondern wie die Betriebe arbeiten und wie ihre Mitarbeiter und Teilhaber sich mit ihrer Arbeit mit ihrem Projekt identifizieren.  Ein wichtiges Kriterium ist die Betriebsgröße.  Genossenschaft funktioniert nur in überschaubaren Betriebseinheiten. Wenn also ein Unternehmensbereich zu groß wird,  folgt eine natürliche Zellteilung und ein neuer Geschäftsbereich entsteht.   Darum besteht  die  1946 gegründete Genossenschaft inzwischen aus 258 selbständugen Geschäftsbereichen, verfügt über 41 Niederlassungen und  ist in 150 Ländern tätig. In vielen Segmenten sind die Genossen Marktführer oder Systemlieferant. Das MCC über eine eigene Bank und ein eigenes Sozialversicherungssystem verfügt  ist schon beinahe selbstverständlich.    Aber auch darum geht es gar nicht. Es geht immer um die Menschen,  die hinter der Drehbank stehen oder an den Schalthebeln der Steuerungszentrale sitzen. Ein Unternehmen das ohne Stechuhren und ohne Gewerkschaften auskommt, deren Chefs  von den Mitarbeitern abgewählt werden können und deren Gehalt maximal das 8 fache des Durchschnittsgehalt beträgt.  Ein Unternehmen, dass den Mitarbeitern gehört. Ein Unternehmen das seine  Mitarbeiter am Unternehmenserfolg beteiligt. Transparenz sorgt für Vertrauen.  Mitbestimung, sichere Abeitsplätze und eine ausgeglichene Work/Life Balance sind die höchten Unternehmensziele. Das diese Ziele auch erreicht werden spiegelt sich am überdurchschnittlichen Lohnniveau und am unterdurchschnittlichen Fehltagen ab. In Katalonien einer nach Unabhängigkeit strebenden spanischen Provinz gehören die Genossenschaften zum Alltag. Das Gefühl seine Arbeitskraft am Markt verkaufen zu müssen oder die Angst einen Arbeitsplatz zu verlieren widerspricht einfach dem Konzept HUMANITY AT WORK. Damit die guten Ideen und der  Nachwuchs nicht ausgehen, verfügt der Unternehmensverbund über eine eigene Universität, deren Ausbildungsschwerpunkt  aber von typischen Universitätsprogrammen abweicht.  Es geht hier nicht darum den  den egoistischen Einzelkämpfer zu fördern. Nein die Montragonuniversität ist keine Kaderschmiede für Unternehmenslenker. Es geht immer  um echte, gelebte Kooperation und um um eine Miteinandergesellschaft.  So haben die Studenten die Aufgabe wärend ihres Studiums eine Cooperative,  also eine Genossenschaft zu gründen und dise mit Leben zu erfüllen. Das heißt die Studenten setzen die gemeinsam entwickelte Geschäftsidee auch in der Praxis um. In einem eigenen Unternehmen.   Am Ende des Studiums wird das Betriebsergebnis bewertet, aber  auch der gesellschaftliche Nutzen.  Handfeuerwaffen, Lenkraketen  oder Pestiziede gehören also nicht zum Angebot der Genossenschaft.      MONDRAGON simuliert quasi in einem Großversuch  eine postkapitalistischen Gesellschaft.   Bitte nicht falsch verstehen. Dies ist keine versteckte Kapitalismuskritik –  nein ganz offen, die Industrialisierung ist erfolgreich abgeschlossen. Der Industriegesellschaft folgte die Dienstleistungsgesellschaft und der frei Markt mit dem Jedermann Unternehmer und einer Vielzahl von prekären Arbeitsplätzen.  Die Kooperationsgsellschaft hat andere Wertvorstellugen und  ist somit die konsequente Fortsetzung eines  Entwicklungsprozesses.  Es geht nicht mehr darum,  dass wie bei einer Personengesellschaft  alle für das Einkommen von einer Eigentümerfamilie arbeiten oder in der Kapitalgesellschaft abhängig sind von dem Wohlwollen der Börse.