Deutschlands Sozialgenossenschaften im Hintertreffen

Biberach/Stuttgart, 20. April 2017 (geno). Schweden, Italien und Großbritannien stehen in Europa auf dem Sektor Sozialgenossenschaften ganz vorne. Deutschland befindet sich im Hintertreffen, versucht mit zarten Aktionen aus der Misere herauszukommen. Mit einer „Zukunftsinitiative Sozialgenossenschaften“ hat Bayern im Jahr 2012 die größte öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Bundesweit gibt es dennoch wenig Echo. In der jüngsten Ausgabe der Mitgliederzeitschrift des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes „Geno Graph“ wird ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der 2015 gegründeten BürgerSozialGenossenschaft Biberach eG, Hubertus Droste, veröffentlicht. Der Bankdirektor im Ruhestand erläutert, was ihn zusammen mit zwei weiteren, noch rüstigen Rentnern – einer davon Mediziner der andere Architekt – bewogen hat, diese Genossenschaft ins Leben zu rufen. Die schleichende demographische Entwicklung und Veränderung der Gesellschaft bereite Sorge. Die Zahl der Rentner steige, die Menschen lebten länger, die Geburtenrate sinke und das Umlagesystem über die Arbeitnehmer werde immer stärker belastet. Seine Genossenschaft kümmert sich darum, dass die ehrenamtlichen Helfer für Alte und Gebrechliche sowie die Mitglieder von ihren eigenen Problemen möglich unbelastet bleiben. Die Genossenschaft übernehme die steuerbürokratischen Arbeiten, sorge für Versicherungsschutz und bewältige die Buchhaltung. 

Inzwischen hat die Biberacher Sozialgenossenschaft 150 Mitglieder, von denen die meisten über 50 Jahre alt sind. Das jüngste Mitglied ist derzeit 26 Jahre und das älteste 94 Jahre alt. Zwei Drittel sind aktiv, ein Drittel noch passiv, so Droste. In den meisten Fällen gehe es um Hilfe im Haushalt, Gartenpflege und Krankenbetreuung.  Im Durchschnitt koste das pro Stunde zehn Euro, wovon zwei Euro an die Genossenschaft geht. Inzwischen sei auch im vergangenen Jahr eine Wohnungsgenossenschaft gegründet worden, weil der Wohnungsmarkt für die Älteren und sozial Schwachen immer undurchschaubarer wird.

Angesichts guter Ansätze in Deutschland in diesem Bereich bleibt noch viel zu tun. Einige wenige Leuchttürme strahlen weiter als Vorbilder. Dazu gehören das genossenschaftliche Krankenhaus Salzwedel/Gemeinnütziger Krankenpflegeverein eG Salzhausen und die Assistenzgenossenschaften in Hamburg und Bremen. ++ (so/mgn/20.04.17 – 079)

www.genonachrichten.de, www.genossenschaftsnachrichten.wordpress.com, e-mail: 133mgn@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27

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