Die Umsetzung der Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg in eine Novelle des Genossenschaftsgesetzes ist im Gange. Dieser Beitrag befasst sich mit der Bundesrats-Drucksache 500/20, einem Antrag des Landes Baden-Württemberg vom 2.09.20 mit „Vorschlägen zur Anpassung des Genossenschaftsgesetzes zum Schutz des Genossenschaftswesens“.
Frankreich, Italien, Spanien oder Finnland, diese Länder sind stolz auf die Autonomie ihrer Genossenschaften. Ihr Weg ist erfolgreich: Das Genossenschaftswesen in diesen Ländern boomt. Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände halten sich dezent im Hintergrund. Zwangsmitgliedschaft in einem Prüfungsverband und Prüfungsmonopol sind unbekannt. Während fast alle EU-Länder stolz darauf sind, gerade diese „Staatsaufsicht“ von den Genossenschaften fernzuhalten, geht man in Deutschland noch einen Schritt weiter und verschärft die bereits bestehende „Staatsaufsicht“ zu einer Quasi-Staatskontrolle. Die noch vor wenigen Jahren gefeierte „Bürokratieentlastung“ der Genossenschaften wird nicht nur zurückgenommen. Aus dem „Bürokratieabbau“ wird eine drastische „Bürokratieverschärfung“:
Nach Auffassung des Bundesrates sind die bestehenden Qualitätskontrollen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände nach §§ 63 e ff. GenG als unzureichend anzusehen. Die Prüfungsverbände sind derzeit verpflichtet, sich alle drei Jahre einer Qualitätskontrolle zu unterziehen. Dies ist aus Sicht von igenos, der Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder auch völlig richtig und notwendig. Aber sind diese Maßnahmen wirklich effektiv? Wer soll diese Qualitätskontrolle steuern, wenn nicht die betroffenen Mitglieder? Welchen Mehrwert bringt die genossenschaftliche Prüfung für die Genossenschaft und ihre Mitglieder? Bevormundung unter dem Deckmantel der genossenschaftlichen Beratung muss nicht sein. Die GenoNachrichten haben sich bereits in der Vergangenheit mit der Marke Genossenschaft beschäftigt. Maßnahmen zur Aufsicht und Qualitätssicherung der Prüfungsverbände müssen zunächst von den betroffenen Genossenschaftsmitgliedern direkt bei der Aufsichtsbehörde eingefordert werden können. Danach können sich die zuständige WP-Kammer und die „Staatsaufsicht“ damit befassen.
Auf die fehlende Fachkompetenz der Wirtschaftsprüferkammer in Genossenschaftsfragen wurde bewusst nicht eingegangen. Ebenso wenig haben wir uns mit der Rolle der Staatsaufsicht bei den Bankgenossenschaften auseinandergesetzt. Hier ist bekanntermaßen die BaFin als Ausputzer vor Ort. Und was alles passieren kann, wenn Aufsichtsbehörden, Dachverbände und Prüfungsverbände zusammenarbeiten, wurde bereits im Zusammenhang mit der Effenberg-Bank hinreichend behandelt. Womit wir wieder beim Thema wären. Dem Schutz des Genossenschaftswesens.
igenos Deutschland e.V. Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder. Arbeitskreis Genossenschaftspolitik