Genossenschaften verschwinden seit den 70er Jahren aus der Forschungsagenda

Helsinki/Bilbao, 18. September 2023 (geno). Hagen Henry ist außerordentlicher Professor für vergleichendes Recht und Forschungsdirektor am Ruralia-Institut der Universität Helsinki. Er studierte Jura in Saarbrücken und Jura und Französisch in Genf. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu den Themen Entwicklung, Bodenrecht, vergleichendes Recht und Genossenschaftsrecht. Er ist Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Vereinigungen und hält seit vielen Jahren regelmäßig Vorträge auf Seminaren und Konferenzen in zahlreichen Ländern. Er lehrte Genossenschaftsrecht und -politik unter anderem am International Training Centre der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Turin, an der Helsinki University Summer School und im Cooperative Network Studies Program (CNS) von zehn finnischen Universitäten. Seit 2012 liegt sein Schwerpunkt beim CNS auf genossenschaftlichen Werten und Prinzipien. Darüber hinaus berät der Genossenschaftsexperte staatliche und nichtstaatliche, nationale, regionale und internationale Organisationen zu Genossenschaftspolitik und -gesetzgebung. Vor seiner Tätigkeit als Forschungsdirektor am Ruralia Institut leitete er von 2007 bis 2011 die Genossenschaftsabteilung des Internationalen Arbeitsamtes.“Die Neuausrichtung des Genossenschaftsrechts an den allgemein anerkannten Genossenschaftsgrundsätzen kann als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung gesehen werden. Seit den 1970er Jahren verschwinden Genossenschaften und Genossenschaftsrecht jedoch aus der Forschungs- und Ausbildungsagenda, vor allem der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften; sie verschwinden aus politischen Programmen sowie aus den Tagesordnungen regionaler und internationaler Regierungs- und Nichtregierungs Organisationen. Einer der Hauptgründe für dieses Verschwinden hängt mit der Leugnung der damaligen Mainstream-Ökonomen zusammen, anzuerkennen, dass die Nutzung nicht erneuerbarer, begrenzter Ressourcen zum Zusammenbruch der Volkswirtschaften führen muss. Die anschließende Abkoppelung der Finanzen von der Realwirtschaft und dieser von den Bedürfnissen der Menschen führte zu einer allgemeiner Finanzialisierung der Volkswirtschaften und der Etablierung der Finanzleistung als Maß für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Genossenschaften, die nicht auf Kapital ausgerichtet sind und deren primäres Ziel nicht darin besteht, die finanzielle Rendite des eingesetzten Kapitals zu maximieren, mussten nach und nach das Nachsehen haben.“ Vor diesen langfristigen negativen Trends warnt Hagen Henry von der Universität Helsinki in einem Meinungsbeitrag für den spanischen Newsletter des „European Business Ethics Network“ (eben). Von da an sei im Genossenschaftsrecht eine Wende zu beobachten – weg von der Abgrenzung der Genossenschaften, hin zu kapitalorientierten Gesellschaften. ++ (bl/mgn/18.09.23 – 123)

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Hagen Henry
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