Kassel, 6. Januar 2023 (geno). Gemeinschaftssiedlungen rücken zunehmend ins Rampenlicht. Iris Kunze forscht dazu. Die Wissenschaftlerin von der Friedrich-Schiller-Universität Jena stellt zu Wochenmitte im Deutschlandfunk fest: „Wir lernen eher Konkurrenz als Kooperation.“ Das wäre generell zu korrigieren.
Den Klassiker für Gemeinschaftsssiedlungen liefert Niederkaufungen bei Kassel. Vor einigen Jahrzehnten wurden in dem nordhessischen Ort die Hebel generell umgelegt. In Niederkaufungen siedelte 1986 damals Deutschlands größte und inzwischen älteste „politische Kommune“. Heute gehören zu der dörflichen Vereinigung auf etwa 10.000 Quadratmeter Fläche mit etwa 80 Menschen eine gemeinsame Kleiderkammer und ein Möbellager, in denen sich de facto jeder bedienen kann und darf. Gemeinsame Ökonomie ist ein zentrales Prinzip. Alle Vermögen und Einkünfte der Bewohner – auch Gehälter und Erbschaften – fließen in das gemeinsame Vermögen. Es existiert eine zusätzliche Altersvorsorge. Wer die Gemeinschaft verlässt, bekommt eine zuvor ausgehandelte Summe. In der Regel sind es zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Die Mehrzahl der Bewohner arbeitet in einem der eigenen Betriebe, zu denen ein Gemüseanbaukollektiv, eine Schreinerei und eine Kindertagesstätte gehören.
Von Ähnlichem berichtet der Soziologe Matthias Grundmann über die Stadtkommune Kassel, die im August 2000 als Genossenschaft namens Gemeinsam Leben eG gegründet worden ist. Nach seinen Worten melden sich dort pro Monat etwa 1.000 neue Interessenten. Derzeit planen und bauen die Kasseler Kommunarden eine Tagespflege für etwa eine halbe Million Euro. Dreh- und Angelpunkt ist der Gebäudekomplex „Villa Locomuna“ am Kasseler Tannenwäldchen. Kernmannschaft sind 16 Erwachsene, zwei Kinder und ein Jugendlicher. Zur Zeit sanieren sie eine alte Villa, in der früher die Deutsche Bahn AG Lokführer ausgebildet hat. Jetzt entstehen dort Wohnraum und Gewerbeflächen. Die ersten Nutzer zogen im Dezember 2000 ein, um eigene Lebensformen zu entwickeln. ++ (gs/mgn/06.01.23 – 005)
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