Delitzsch, 22. April 2022 (geno). Genossenschaftliches Urgestein zerbröselt und zerbricht. Selbst die Eigentümlichkeit der genossenschaftlichen Rechtsform scheint ihrem Ende entgegen zu gehen. Der Selbsthilfegedanke wird unterwandert. Das stellt Prof. Jürgen Keßler vom Forschungsinstitut für Deutsches und Europäisches Immobilienwirtschafts- und Genossenschaftsrecht an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin am Freitag beim 26. Delitzscher Gespräch in der nordsächsischen Stadt in seinem Einführungsvortrag fest. „Das Genossenschaftsrecht ist nicht leichter handhabbar geworden“, formuliert der Professor in bemerkenswert diplomatischer Tonlage, ohne mit harscher Kritik hinter dem Berg zu halten.
Aufmerksamen Zuhörern ist diese scharfe General-Philippika nicht entgangen. Sie gilt vor allem dem allgemein zu registrierenden Verfall des Wissensschatzes und der besorgniserregenden Unkenntnis über kooperatives und genossenschaftliches Leben und Wirtschaften. Die mehr oder minder leidenschaftliche Debatte, die unter dem Motto „Genossenschaftsidee in Politik und Gesellschaft“ stand, endete während der abschließenden Podiumsdiskussion in einer geradezu ketzerischen Aussage eines Teilnehmers. Die Essenz seiner Äußerung bestand darin, dass die im Genossenschaftsgesetz vorgesehenen Vertreterversammlungen den Tod der Genossenschaft an sich und ihrer innerdemokratischen Grundprinzipien nicht nur einläuten, sondern längst salonfähig gemacht haben. ++ (dg/mgn/22.04.22 – 059)
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