Hamburg/Münster, 5. April 2022 (geno). Der Hamburger Sozialwissenschaftler Joscha Metzger nimmt Wohnungsgenossenschaften unter die Lupe. Ausgangspunkt der Analyse des Geographen von der Universität Hamburg ist die Elisa eG, deren Gebäudesubstanz zu einem großen Teil abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden sollte. Gegen die Liquidierung der Backsteinbauten aus den 1920er Jahren erhob sich vielfältiger Protest unter der Überschrift „Eure Aufwertung ist unsere Vertreibung“. Im Jahr 2011 hatte die Vereinigte Hamburger Wohnungsgenossenschaft eG (vhw) das Beseitigen der Gebäude angekündigt, um mit Neubauten angeblich das Wohnniveau zu verbessern. Versammlungen, Protestaktionen und Bündnisarbeit machten „Elisa“ zum Politikum und zwangen die vhw zu Verhandlungen. Obwohl sich Abrissgegner in die Gremien der genossenschaftlichen Selbstverwaltung wählen ließen und von Politikern der Grünen und der Linkspartei Schützenhilfe erhielten, saß der vhw-Vorstand unter Rückendeckung der in Hamburg regierenden SPD am längeren Hebel. Das Gebäude wurde sukzessive entmietet. Bauliche Veränderungen deuteten unzweideutig auf Abriss hin. Dazu schreibt Metzger: „Auf einer Kundgebung gegen den Abrissbeginn im März 2015 ist in den Gesichtern abzulesen, welche Anstregungen die Auseinandersetzung mit sich gebracht hat. Zuletzt wurde mit der Elisa eG eine neue Genossenschaft gegründet mit dem Ziel, das Gebäude von der vhw zu kaufen.“ Der Sozialforscher kommt zu dem Schluss, dass „der Konflikt um Elisa Ausdruck der aktuellen Auseinandersetzungen um die neue Wohnungsfrage in Hamburg und der Bedeutung der Wohnungsgenossenschaften in den damit verbundenen materiellen und symbolischen Kämpfen ist“. Seine Untersuchung diene „als analytischer Zugang zur Rekonstruktion des umkämpften Wirkens sozialer Wohnungsunternehmen im Rahmen neoliberaler Wohnungspolitik und -wirtschaft.“
In dem dazu gerade im westfälischen Dampfboot-Verlag erschienenen Buch „Genossenschaften und die Wohnungsfrage“ untersucht Metzger Konflikte im Feld der sozialen Wohnungswirtschaft in ganz Deutschland.
„Genossenschaften ermöglichen bezahlbares und demokratisches Wohnen. Entsprechend gut ist ihr Ruf in Wohnungspolitik und -forschung. Eine kritische Analyse der Praxis großer Wohnungsgenossenschaften in Hamburg zeigt jedoch, dass auch diese darauf abzielen, ihre Wohnungsbestände und Bewohnerstrukturen aufzuwerten.“ ++ (bu/mgn/05.04.22 – 049)
Außerdem möchten wir auf die Fotodokumentation rettet-elisa.de und auf die Initiative elisa-bleibt.de verweisen.
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