Es dürfte nicht der erste Bericht sein, der von betrügerischen Genossenschaften aus dem Umfeld der Wohnungsbaugenossenschaften handelt, und es ist auch mal wieder kein besonders Schmeichelhafter. Die Rechtsform Genossenschaft unterliegt der staatlichen Aufsicht, mit festen Regeln. Bei einer Genossenschaft steht immer die Förderung der Mitglieder im Vordergrund der wirtschaftlichen Tätigkeit. Der Prüfungsverband hat u.a. zu prüfen ob diese Mitgliederförderung auch im ausreichenden Maße stattfindet und ob die Genossenschaft ordnungsgemäß, im Sinne der Mitglieder, geleitet wird. Darum muss jede Genossenschaft einem Prüfungsverband beitreten, der mit dem positiven Vorurteil, dass alles seine Ordnung hat und das Geschäftsmodell tragfähig ist, die Genossenschaft aufnimmt. Anscheinend war der verantwortliche Genossenschaftsverband der Wohnsachwerte eG bei der Betreuung zu arglos und will nicht bemerkt haben, was sich dort hinter den Kulissen wirklich abspielte. Wie ein Steuerberater davon ausgehen muss, dass sein Mandant ehrlich ist, so ist auch ein Prüfungsverband darauf angewiesen, dass eine gewisse Ehrlichkeit, Transparenz und auch ein gegenseitiges Vertrauen vorhanden ist. Nur so kann Genossenschaft funktionieren und so wünscht man sich auch die Zusammenarbeit zwischen Genossenschaft und Prüfungsverband. Hier dagegen ging es von Anfang an um die Nutzung der Genossenschaftsidee für kriminelle Zwecke.
Es könnte aber auch anders gewesen sein. GenoLeaks liegen Hinweise auf mehrere Genossenschaftsberater vor, die sich offenbar auf die Gründung von „Scheingenossenschaften“ spezialisiert haben und auch personell mit einem einschlägig bekannten Prüfungsverband verbunden sind oder waren. Diesen ebenfalls genossenschaftlich organisierten Beratungsunternehmen ist es jahrelang gelungen, im Hintergrund über den Verbandsrat die operative Steuerung des betroffenen genossenschaftlichen Prüfungsverbandes zu übernehmen.
Worum geht es nun?
Um die Genossenschaft WohnSachWerte eG. Wie als erstes die Bild-Zeitung berichtete, hatte ein Ehepaar aus Bayern von rund 12.000 Anlegern ca. 7 Mio. Euro an Investitionsgeldern eingeworben, die in Immobilien investiert werden sollten, damit die Investoren über Vermögenswirksame Leistungen staatliche Fördergelder erhalten und neben dem Vermögensaufbau bezahlbaren Wohnraum schaffen und nutzen können. Die GenoNachrichten stellten mehrfach fest, dass Genossenschaften keine Renditegesellschaften sind und schon allein das Renditeversprechen sollte stutzig machen. Aber bekanntlich macht die Aussicht auf Gewinn Menschen leichtsinnig und zudem wissen viele Menschen nicht viel über Genossenschaften und wie sie funktionieren. So konnte die Genossenschaft über die (inzwischen abgeschaltete) Seite förderhelden.de eine Vielzahl von Interessenten werben, indem sie das Versprechen gab, für 50 Euro Einlage im Monat über Immobiliengeschäfte staatliche Förderhilfen über mehrere hundert Euro für die Investoren zu generieren. Geblendet auch durch die professionelle inzwischen abgeschaltete wsw-eg.de hinterließen Interessenten ihre Adresse, um detailliertere Informationen zu erhalten.
Aufgefallen war der Betrug, als Geschädigte über ihre Lohnabrechnung merkten, dass dort Geld abgebucht wurde, obwohl sie dazu keinen Auftrag erteilt hatten. Die Arbeitgeber verwiesen daraufhin auf ein Formular über Vermögenswirksame Leistungen und den Genossenschaftsbeitritt. Das Formular war von der WohnSachWerte EG (WSW) eingereicht worden.
Inzwischen ist die website Förderhelden abgeschaltet und die Betreiber, ein Ehepaar aus Bayern, befindet sich in Haft. Es hatte das Geld nicht in Immobilien anlegt, sondern sich ein Luxusleben finanziert. Laut „Bild“ wurden bei der Festnahme ein Aston Martin DB11, Rolex-Uhren, Bargeld und Krypto-Währungen sichergestellt.
Der für die Zulassung der Genossenschaft zuständige Prüfungsverband DEGP war mehrfach im Visier der Staatsaufsicht.
2 Kommentare.
Guten Tag, im Sinne einer ausgewogenen Berichterstattung könnten sie diese aktuelle Nachricht verwerten: wie ein Clan von betrügerischen Wohnungsgenossenschaften jahrelang die Mitglieder schröpfte und nun endlich in U-Haft sitzt.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/sieben-millionen-euro-veruntreut-weidener-ehepaar-in-u-haft,T0zubAY
P.S.: Den verantwortlichen Prüfungsverband finden Sie in ihrem Impressum.
Der Austin Marten und die Luxusuhren erinnern an die Eventus Pleite – auch hier war ein Heldenmacher am Werk. https://heldenmacher.home.blog. Die Eventus Affäre machte leider auch deutlich, dass sich die Staatsaufsicht rein gar nicht für die Interessen der Genossenschaftsmitglieder http://www.ig-eventus.de einsetzte, dafür aber im Bundesrat für eine Nachschärfung des Genossenschaftsgesetz plädierte. Solange die Besonderheiten der Rechtsform Genossenschaft für den Normalverbraucher nicht klar verständlich sind, ist die missbräuchliche Nutzung des Rechtsmantels Genossenschaft nicht auszuschließen. Die Steuerung und die Kontrolle des genossenschaftlichen Förderauftrags sollte immer von den Genossenschaftsmitgliedern in Anspruch genommen werden. Dieses setzt aber ein genossenschaftliches Bewusstsein voraus.