Dieser Beitrag ist eine Fortsetzung: Hier geht es zum Teil 1.
(2) Die Positionierung des Vorstandes
Mitglieder des Vorstandes werden in der Regel durch den Aufsichtsrat in ihr Leitungsamt gewählt. Da der Aufsichtsrat stellvertretend für die Mitgliedergesamtheit handelt, sind Mitglieder des Leitungsgremiums als Angestellte und Erfüllungsgehilfen des Mitgliederkreises zu verstehen. Wiederum im Verlauf des Größenwachstums eignete sich das verstärkt professionelle Genossenschaftsmanagement mehr und mehr autonomes Entscheidungsverhalten an. Es kam zur Verlagerung im innergenossenschaftlichen Machtgefüge zugunsten der Führungskräfte mit der Folge eines weiteren Bedeutungsverlustes der Mitgliederseite.
Der Machtzuwachs des genossenschaftlichen Managements wurde durch den von genossenschaftlichen Vorständen § 27 Abs. 1 GenG gerechtfertigt eingestuft. Im Wortlaut: „Der Vorstand hat die Genossenschaft unter eigener Verantwortung zu leiten.“ Es scheint, als hätten die Führungskräfte nur diesen ersten Satz zur Kenntnis genommen und verinnerlicht, nicht aber den darauf folgenden, der eine Restriktion beinhaltet: „Er (der Vorstand – Einfügung) hat dabei die Beschränkungen zu beachten, die durch die Satzung festgesetzt worden sind.“ Deren Bremswirkung lässt sich freilich durch weitgehende Übernahme einer vom BVR erstellten und den Bankinstituten an die Hand gegebenen managementgenehmen Mustersatzung aushebeln.
Eine Machtverlagerung zugunsten des Vorstandes kann sich im Weiteren aus der Einwirkung auf die Art und Weise der Ausübung der Überwachung des Vorstands ergeben. Ein Aufsichtsorgan, das zum Teil oder ganz aus vom Vorstand vorgeschlagenen Kandidaten besteht, an dessen Sitzungen Vertreter des Vorstandes teilnehmen oder gar gemeinsame Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat stattfinden und/oder aus dem Vorstand ausscheidende Personen in den Aufsichtsrat wechseln, dürfte es nicht allzu schwer haben, den Einfluss des Kontrollorgans auf den Vorstand zu schwächen. Nämlich weg von der Beaufsichtigung der Vorstandsarbeit, hin zu einem machtarmen Gremium, das durch den Vorstand über dessen Vorstellungen und Entscheidungen informiert wird.
(3) Machtstellung des BVR
In der bisher beschriebenen Kette der Machtverschiebung fehlt der für den Bankenbereich zuständige Verband als Machtzentrum. Im Wesentlichen sind einem Genossenschaftsverband zwei Funktionen zugedacht: Dienstleister als Berater und als Pflichtprüfer der wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung in Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat der Bankinstitute zu sein. In Wirklichkeit besitzt er wesentlich mehr Kompetenz: Er ist insbesondere auch Dirigent eines Orchesters, in dem sämtliche Bankgenossenschaften mitwirken.
Zur Ausübung dieser Sonderaufgabe hat die Pflichtmitgliedschaft im Verband viel beigetragen. „Die Genossenschaft muss einem Verband angehören …“ (§ 54 GenG). Ausgehend von dieser Zwangsbeziehung sich ein Abhängigkeitsverhältnis „Bank – Verband“ ergeben. Der BVR lenkt im Wesentlichen, wer mit wem fusioniert und schwört die Mitgliederversammlungen, die darüber abzustimmen haben, auf die schier unabwendbare Notwendigkeit des Zusammenschlusses ein. Widerständler werden gemaßregelt, muss doch der Verband am besten wissen, was für eine Genossenschaft nützlich ist. Letztlich setzt sich der Wille des Verbandes durch. Das gilt auch für Anwesenheit von Verbandsvertretern in sonstigen Mitgliederversammlungen zu dem Zweck, Beschlüsse der Mitglieder im Sinne des Verbandes und der Genossenschaftsvorstände zu steuern. Um es beim richtigen Namen zu nennen: Der BVR greift ungehindert in die inneren Angelegenheiten der ihnen angeschlossenen Genossenschaften ein.
Fazit
Das alles hat mit dem Leitbild einer demokratisch geführten Genossenschaft wenig bis nichts zu tun und ist dazu angetan, die Genossenschaftsbanken als schleichend entdemokratisierte Gebilde einzustufen. Man darf erhebliche Zweifel daran haben, ob für diese Unternehmen weiterhin die Bezeichnung „Genossenschaft“ opportun und legitimiert ist. Denn als Banken wie alle anderen haben sie sich von den genossenschaftlichen Grundlagen entfernt. Im Zusammenhang damit steht schließlich der nicht zu unterschätzende Umstand, dass die außerhalb des Genossenschaftssektors rekrutierten Bankmanager aus individuellem Prestigeverlangen lieber einer Großbank in anderer Rechtsform vorstehen möchten. Sie haben nicht die Absicht, die genossenschaftliche Idee zu verstehen und zu verinnerlichen. Das zeigt sich bei dem gelegentlich aufflammenden Ansinnen, Bankgenossenschaften (eG) in Aktiengesellschaften (AG) umzuwandeln. Man würde sie kaum vermissen, weil und sofern sie die „rote Karte“ verdienen.