Im Turnus von 4 Jahren finden bei allen Genossenschaftsbanken bei denen anstelle einer Generalversammlung aller Mitglieder eine Vertreterversammlung besteht, Wahlen zu dieser Vertreterversammlung statt. Diese finden meist als Listenwahl statt, so dass die zur Wahl berechtigten Mitglieder lediglich ankreuzen müssen, ob sie dieser Liste zustimmen oder nicht.
Und so werden die Mitglieder der jeweiligen Volks- und Raiffeisenbank alle vier Jahre aufgerufen, ihr Recht auf Selbstbestimmung und Selbstverwaltung wahrnehmen und an der Wahl zur Vertreterversammlung teilzunehmen. Letzteres ist allerdings ein manchmal ein gewaltiges Problem.
So hatte Ende Januar 2021 der Vorstand der VR meine Bank eG zur Wahl von 214 Vertretern aufgerufen. Die Abstimmung sollte während der üblichen Geschäftszeiten am 26.01.2021 in den Geschäftsräumen von 11 Geschäftsstellen stattfinden. Eigentlich sollte man bei jeder Wahl meinen, dass den Wahlberechtigten genügend Zeit eingeräumt wird, damit möglichst viele, wenn nicht sogar alle Mitglieder, an der Wahl teilnehmen können. Doch nicht so bei der VR meine Bank eG.
Rechnet man die Öffnungszeiten der 11 geöffneten Geschäftsstellen in Minuten um, dann hatten insgesamt 32.455 Mitglieder an 3.570 Minuten an der Wahl teilzunehmen. Umgerechnet hatte jedes Mitglied 6,65 Sekunden Zeit sich anzumelden, zur Kabine zu gehen, dort das Kreuz zu machen, seinen Stimmzettel in die Wahlurne einzuwerfen und wieder zu gehen. Vorbei an den hunderte von Metern anstehenden weiteren Mitgliedern, die ebenfalls abstimmen wollen, die im 6,65-Sekunden-Takt abgefertigt werden mussten. Ein Ding der Unmöglichkeit.
Nimmt man an, dass ein abstimmendes Mitglied mindestens 4 Minuten von der Anmeldung bis zur Abmeldung brauchte, dann konnten maximal 893 Mitglieder an der Wahl zur Vertreterversammlung teilnehmen, was einer Wahlbeteiligung von maximal 2,77% entspricht. Selbst bei angenommen 3 Wahlkabinen pro Abstimmungslokal hätten maximal 2.678 Mitglieder oder 8,31 % abstimmen können, Alle anderen Mitglieder waren von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen.
Und was meinte der Vorsitzende des Wahlausschusses dazu? Er versicherte, dass bei der Vertreterwahl die Vorschriften von Gesetz, Satzung und Wahlordnung eingehalten wurden. Und bat um Verständnis, dass der Wahlvorstand zu einzelnen Punkten der Vertreterwahl keine Aussagen treffen würde.
Solches wiederum zeigt, welche Wertschätzung die Mitglieder einer Genossenschaftsbank wirklich genießen. Nämlich keine.
Georg Scheumann, genossenschaftlicher Bankbetriebswirt, Bankvorstand a.D.
Vorstand igenos e.V. Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder