Zweifel an der Notwendigkeit von Genossenschaftsbanken

Allgemein

Die GenoNachrichten befassen sich in einer Reihe von Beiträgen kritisch mit mit der Zukunft der Genossenschaftsbanken. Die nachstehende Analyse wurde uns von der igenos Arbeitsgruppe „Small Banking“ zur Verfügung gestellt. Wir möchten in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal auf die Beiträge: „Morgen kann kommen – oder das böse Erwachen“ und auf dessen Fortsetzung: „Die Alternative zur Bankenfusion heißt Bürgergenossenschaft“ verweisen. Beide Beiträge der Genossenschaftsnachrichten tragen dazu bei den Zweifel an der Notwendigkeit von Genossenschaftsbanken zu untermauern.

Tatsache 1:

Genossenschaftsbanken sind Universalbanken und üben das Bankgeschäft in gleicher Form aus wie Banken in der Rechtsform AG. Dazu passend ist in Geschäftsberichten gelegentlich mehr von Kunden und Geschäftspartnern als von Mitgliedern die Rede. Das bestärkt nicht nur den externen Beobachter, sondern auch Mitglieder in der Vermutung, dass das bankgenossenschaftliche Management mehr und mehr das Gemeinschaftsunternehmen der Mitglieder vorzugsweise als eine Bank wie jede andere sieht und als solche nach außen präsentieren möchte.

Tatsache 2: 

§ 1 GenG (Wesen der Genossenschaft) legt der Rechtsform eG die Pflicht zur Förderung der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs auf. Förderung bleibt zumeist auf die Verteilung einer Dividende auf das eingebrachte Geschäftsguthaben beschränkt, gewissermaßen als Ausgleich auf entgangene Erlöse bei anderweitiger Investition seines Kapitalanteils. 

Die Mitglieder als Eigentümer der eG sind – wegen der Pflicht zur Mitgliederförderung – beim Ausscheiden aus der Genossenschaft von Gesetzes wegen nicht am Vermögen der eG beteiligt, denn von der in § 73 Abs. 3 GenG eingeräumten Möglichkeit, Mitgliedern bei „Beendigung der Mitgliedschaft einen Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage einzuräumen“, wird so gut wie kein Gebrauch gemacht. 

Tatsache 3: 

Bei Genossenschaftsbanken gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Mitglieder und Nichtmitglieder gleichermaßen. Das gleiche gilt für das Preis- und Leistungsverzeichnis. Bei Genossenschaftsbanken gibt es weder AGB’S für den gemeinsamen Geschäftsbetrieb mit Mitgliedern noch ein gesondertes Preis- und Leistungsverzeichnis mit günstigeren Zinsen und Gebühren für Mitglieder. Diese weitgehende Gleichbehandlung von Mitgliedern und Nichtmitgliedern wird mit dem Scheinargument zu begründen versucht, eine Besserstellung der Mitglieder würde steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet. Dem Einwand, aufgrund der „Beiträge“ an die Genossenschaft, zu denen das Mitglied qua Mitgliedschaft, aber eben kein Nichtmitgled verpflichtet ist, würden selbstverständlich eine Vorzugsbehandlung rechtfertigen, wird als unzulässig abgetan.

Tatsache 4:

§ 1 AktG (Wesen der Aktiengesellschaft) kennt keine Förderung der Aktionäre mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs. Aktionäre einer Bank in der Rechtsform einer AG sind jedoch am Vermögen der AG durch steigende Aktienkurse, die den Vermögenswert widerspiegeln, uneingeschränkt beteiligt. Die Aktien sind öffentlich handelbar, sodass sich Kursgewinne durch Verkauf der Papiere realisieren lassen, während in die Genossenschaft eingezahlte Kapitalanteile für die Zeit der in der Regel langfristigen Mitgliedschaft im Eigenkapital der eG gebunden bleiben und zur Mehrung des Genossenschaftsvermögens beitragen. 

Tatsache 5:

Genossenschaften anderer Sparten des deutschen Genossenschaftssektors, wie z. B. Wohnungs-genossenschaften haben kein Problem damit, in ihren Geschäftsberichten auszuweisen, auf welche Art und Weise sie im abgelaufenen Geschäftsjahr ihre Mitglieder ökonomisch und sozial gefördert haben. Vergleichbares erfährt das Mitglied einer Bankgenossenschaft nur extrem selten, also gemeinhin nicht. 

Eher das Gegenteil: Es wird über stattgefundene Förderung der umgebenden Region und Zivilgesellschaft berichtet– als Beitrag zum Gemeinwohl. Wenn dann eine Förderung der Mitglieder nicht oder kaum auszumachen ist, stellt sich die Nutzenstiftung für die Allgemeinheit als vorenthaltene Mitgliederförderung dar. Der Mitgliederkreis wird nicht mehr als vorrangig zu unterstützende Zielgruppe behandelt.

Folgerungen daraus

Die oben vorgebrachten Tatbestände laufen am Ende auf die Frage zu, welche Existenzberechtigung eine Genossenschaftsbank hat, die offenbar mit dem ihr per Gesetz zugewiesenen Förderzweck so recht nichts anzufangen weiß. Und obwohl gemäß § 58 Abs. 1 Satz 3 GenG im Prüfungsbericht des zuständigen Verbandes „auf die Art und Weise der Verfolgung des Förderzwecks“ einzugehen ist. Doch es könnte sein, dass auch diese gesetzliche Vorgabe keine Beachtung findet.

Nun könnte das nicht durch materielle Förderung in Form von günstigen Konditionen verwöhnte Mitglied ersatzweise immaterielle Förderung, z. B. die räumliche Nähe einer Geschäftsstelle seiner Genossenschaftsbank oder die persönliche Beziehung zu den Bankmitarbeitern, zu schätzen wissen. Aber bei aktuell zunehmender Schließung von Filialen auch im Genossenschaftssektor wird dem in seinen Ansprüchen bescheiden gewordenen treuen Mitglied auch dieser Nutzen genommen. Nebenbei bemerkt hätte er dafür nicht Mitglied werden müssen, denn der Vorteil räumlicher Nähe der Bank hätte er auch als Nichtmitglied genießen können.

So bleibt die Frage: Wozu eigentlich Genossenschaftsbanken?

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