Helsinki/Dresden, 30. April 201 (geno). Genossenschaften müssen justiziabel werden. Die Genossenschaftsidee ist nur durch Recht zu institutionalisieren. Das fordert der Vizepräsident des Internationalen Genossenschaftsbundes (ICA), Prof. Hagen Henry, am Freitag auf einem von der Deutschen Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft und dem Raiffeisenverband organisierten gemeinsamen Online-Forum und beruft sich dabei auf keinen Geringeren als Immanuel Kant. Das Ge-Wissen der Ge-Nossenschaften benötige den Juristenstand, um die Genossenschaftsidee zu materialisieren.
Der aus der Nähe von Helsinki in Finnland nach Dresden zugeschaltete Henry verglich das Nachhaltige des Genossenschaftsgedankens mit der Antike. „Platos Idee wird weiterleben, selbst wenn wir eines Tages ohne Bäume dastehen sollten.“ Das gelte gleichmaßen für die Genossenschaftsidee. Sie sei nur durch Recht zur Institution zu wandeln, so wie es die Rochdaler in England einst getan hätten. Sie haben Genossenschaften mittels des Hebels demokratischer Kontrolle in ihrem „Law of Rochdale“ rechtlich bindend verankert. Das sei vergleichbar mit der Satzung des ICA, der sich nach belgischem Recht als Verein manifestiert und die der Empfehlung 193 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) folgt. Derzeit seien Genossenschaften nicht gefeit gegen personen- und kapitalbezogenene Phänomene, die eine weitere gefährliche Annährung an Aktiengesellschaften (AG) und deren Wertschöpfungsketten bewirken. Zu den Hauptverursachern gehören Genossenschaftsbanken und deren Umfeld. Von politischen Argumenten, wonach Genossenschaftsrecht überflüssig sei, distanziert sich Henry entschieden und setzte sich für eine unvoreingenommene Analyse der Genossenschaftsrechts-Geschichte auf.
Ausführlich setzte sich der ICA-Repräsentant mit Begriff und Inhalt der Solidarität auseinander. Ohne sie sei jeder Versuch, Gerechtigkeit zu üben, unmöglich. „Das Rechtsprinzip Solidarität muss neu definiert und geschöpft werden“, forderte Henry. Es stamme aus dem Römischen Recht, um für das Ganze einzustehen. Dieses „obligatio in solidum“ sei affirmativ und ebne praktische Wege vom Ich zum Wir. Jedenfalls seien Genossenschaften heute alles andere als Wohltätigkeitsvereine. ++ (or/mgn/30.04.21 – 057)
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