Italien weist vorbildlichen genossenschaftlichen Weg

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Bozen/Rom, 31. Dezember 2020 (geno). Der Landeshaushalt 2021 der italienischen Provinz Südtirol stand im Mittelpunkt von Gesprächen, die Landeshauptmannsstellvertreterin und Soziallandesrätin Waltraud Deeg mit Vertretern der Genossenschaftsorganisationen Raiffeisenverband Südtirol und Coopbund Alto Adige Südtirol zum Jahresende geführt hatte. Besondere Aufmerksamkeit galt den für das nächste Jahr geplanten Finanzmitteln für Soziales und Wohnbau. Die Genossenschaftsrepräsentanten hatten bei dem Treffen darauf verwiesen, dass in der aktuellen Krise die Sozialmittel nicht nur sichergestellt, sondern erhöht werden müssen. Immer mehr Menschen seien wegen der anhaltend schwierigen Lage auf die Leistungen des Sozialwesens angewiesen.

In einer Coopbund-Pressemitteilung zu Silvester heißt es: „Insbesondere betonten die Vertreter der Genossenschaftsverbände bei der Aussprache die schwierige Situation der Genossenschaften im sozialen und Non-Profit-Bereich. Speziell Sozialgenossenschaften, die eine wichtige Rolle bei der Integration von benachteiligten Menschen spielen und weitreichende soziale Dienste leisten müssten, mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet bleiben, um Notsituationen abzufedern und ihre Tätigkeit weiter voll ausüben zu können.“ Der Lockdown in der Covid-19-Krise habe gezeigt, welchen Wert und welche Bedeutung die sozialen Dienste haben. Das gelte beispielsweise für Pflege, Kinder- und Seniorenbetreuung, Arbeitsintegration sowie die Tagesstätten für behinderte Menschen. Deeg hatte darüber informiert, das statt wie bisher 833 Millionen Euro nunmehr nur 800 Millionen Euro für diese Sektoren zur Verfügung stehen. Sie werde sich für eine spürbare Aufstockung engagieren.

Bemerkenswert ist, dass in Italien überhaupt solche Gespräche zwischen der staatlichen Ebene und den Genossenschaften geführt werden. Das dürfte darauf zurückzuführen sein, dass nach dem Zweiten Weltkrieg der italienische Staat dem Genossenschaftswesen Verfassungsrang eingeräumt hat. Südtirol bzw. Alto Adige leistet dabei vorbilliche Pionierarbeit. Italien hat insofern seine historische Lektion gelernt.

Im Gegensatz dazu bietet Deutschland diesbezüglich ein jämmerliches Bild. Es sind erhebliche Aufhol- und Aufräumleistungen erforderlich, um die deutsche Genossenschafts-Misere zu beheben. Das betrifft immer auffälliger den Justiz-Sektor, der in Grundsatzfragen noch mitten in nationalsozialistischen Zeiten verharrt und sich unverständlichweise gegen generelle Korrekturen sträubt. Ein absurdes Beispiel lieferte zu Beginn dieses nun zuende gehenden Jahres das Landgericht Gera. Es bestätigte die vom Amtsgericht Jena beschlossene Auflösung der seit mehr als 150 Jahren existenten Konsumgenossenschaft Altenburg nach Regelungen, die 1934 von der Nazi-Diktatur eingeführt worden sind und – entgegen dem Außer-Kraft-Setzen der Nazi-Gesetze durch die allierten Siegermächte – nach 75 Jahren weiterhin angewandt werden. Eine entsprechende schriftliche Anfrage an die Thüringer Staatskanzlei unter Leitung des Linke-Politikers Bodo Ramelow wurde von der Genossenschaft gestellt. Eine Antwort ist bisher nicht bekannt. ++ (fi/mgn/31.12.20 – 168)

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