Neustadt an der Donau/Weimar, 17. Juli 2020 (geno). Die Umwandlung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) der DDR in Betriebe, die dem bundesdeutschen Gesetzes- und Regelkontext entsprechen, war mit systematischen Bilanzfälschungen verbunden. Dieses Phänomen, das sich vor rund 30 Jahren massenhaft abgespielt hat, wird von den politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen mit größter Intensität unter den Tisch gekehrt. Nur ab und zu werden diese kriminellen Machenschaften, denen einfache LPG-Mitglieder bei den damit verbundenen Vermögensauseinandersetzungen zum Opfer fielen, anhand einzelner Beispiele publik.
Über einen solchen Fall aus Thüringen berichtet das in Neustadt an der Donau herausgegebene Maschinenring-Magazin. Es bezieht sich auf Rainer Schachtschabel aus der Nähe von Weimar als Kronzeugen. „Er bekam als Abteilungsleiter mit, wie die Funktionäre seiner LPG die Bilanzen fälschten. Sein Chef sagte damals zu ihm, dass sie die ‚Bilanzen so gestalten müssen, dass das Weiterbestehen des Betriebes im Vordergrund steht und nicht die Entschädigungen der ehemaligen Landbesitzer‘. Rainer Schachtschnabel wehrt sich gegen diesen Betrug und wird gekündigt. Später findet er heraus, dass eine Scheune, die er für 17.800 Mark gekauft hatte, in der Bilanz mit nur einer einzigen Mark auftaucht. So wurden ganze Betriebe wertlos gerechnet. Von diesem Betrug profitierten in erster Linie ehemalige LPG-Vorsitzende oder Agrar-Funktionäre des gescheiterten Staates. Knapp 600.000 Hektar gingen zu Vorzugspreisen, die 35 Prozent unter dem Verkehrswert lagen, an diese neuen Landwirtschaftsunternehmen. Die Folge: Bereits 2010 bewirtschafteten diese Agrarbetriebe 55 Prozent der verfügbaren Fläche in den neuen Bundesländern. Drei Jahre zuvor begann die Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH (BVVG) das Land zu versteigern, den Zuschlag erhält seither der Meistbietende. 2007 wurden dabei für einen Hektar im Schnitt 5.494 Euro erzielt. Sieben Jahre später waren es schon über 17.000 Euro.“ Insgesamt habe die BVVG inzwischen fast 900.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche neu verteilt. ++ (ar/mgn/17.07.20 108)
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