Genossenschaftliche Organisationen bei nachhaltiger Waldbewirtschaftung bewährt – BGH verhandelt 2018 über Holzvertrieb

Allgemein

Wernigerode, 15. November 2017 (geno). Die Bewahrung und Gründung von Waldgenossenschaften sind ein elementares Mittel, um die Funktionsfähigkeit und Bewirtschaftung von Kleinwaldbesitz zu gewährleisten. Das bestätigten Spitzenrepräsentanten des Bundeslandwirtschaftsminsteriums und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) am Mittwoch zum Auftakt des dreitägigen 15. Bundeskongresses „Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse in der Zeitenwende“ in Wernigerode bei einem Pressegespräch. Der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes, Josef Ziegler, nannte als die drei prägenden Charakteristika in der derzeitigen Phase die Digitalisierung, das klimapolitische Gewicht des Waldes und die schwierige Situation hinsichtlich des Kleinwaldbesitzes. Ein Viertel des gesamten deutschen Waldes splittere sich auf in Klein- und Kleinstflächen unter 20 Hektar. Das betreffe 2,7 Millionen Hektar Wald, deren Besitzer „sich räumlich und geistig vom Wirtschaftsgut Wald immer weiter entfernen und entfremden.“ Das sei ein sich beschleunigender Prozess.  Diesen riesigen Flickenteppich mit einer kaum überschaubaren Zahl von Eigentümern effizient und nachhaltig zu bewirtschaften, erfordere zweifellos vernünftige forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, die größter Förderung und Unterstützung bedürfen. Dies verstärkt zu tun, sicherte der Staatssekretär im Bundesagrarministerium, Hermann Onko Aeikens, zu. Es werde an Lösungen für einen neuen Fördermittelansatz gearbeitet, die ab dem Jahr 2020 vollständig greifen sollen. Dabei werde die Eigenständigkeit der forstwirtschaftlichen Vereinigungen und Zusammenschlüsse als Selbsthilfeeinrichtungen staatlicherseits garantiert. Die durch ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf zum Wettbewerbsrecht vom März dieses Jahres und durch Überprüfungen des Bundeskartellamts  ins Wanken geratenen juristischen Rahmenbedingungen sorgten allerdings für erhebliche Verunsicherung. „Der gegenwärtige Zustand der Wälder ist das Ergebnis harter Arbeit vorangegangener Generationen“, würdigte Aeikens. Hans Carl von Carlowitz, der von 1645 bis 1714 lebende sächsische Forstpionier, habe das bewirkt. Es sei gelungen, den Wald wirtschaftlich, kulturell und ökologisch zu nutzen. „Einige Kräfte wollen Teile des Waldes aus der Nutzung nehmen“, warnte der Staatssekretär. „Wir gewährleisten die Produktivität des Waldes“.

Nach den Worten des Präsidenten des Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt, Franz-Henrik Prinz zu Salm-Salm, bedeutet das Kartellverfahren „eine geradezu tektonische Verschiebung“. In seinem Bundesland scheitere die Politik einfach an ihrer Konzeptionslosigkeit, erklärte er in einem flammenden und leidenschaftlichen Grußwort. So habe die Umweltministerin von Sachsen-Anhalt eine bereits vorliegende Katastrophen-Verordnung einfach gestrichen. „Wer nach Ökologie schreit und dann die Akteure im Regen stehen lässt, muss nun beim Wort genommen werden“, so Salm-Salm. Das einzufordern, gelte auch für die Bundesebene. In den Sondierungsgesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung komme die Forstwirtschaft gar nicht vor. „Wir leisten uns Waldstillegung und importieren Holz munter weiter“, kritisiert der Landeswaldpräsident scharf. Seine Position wird durch die Statistik überzeugend gestützt: Der jährliche Zuwachs an Holz beträgt in Deutschland 27 Millionen Festmeter. Davon werden nur 16 Millionen Festmeter eingeschlagen und genutzt. Die nicht geernteten elf Millionen Festmeter verkörpern einen Milliardenwert.

Mit einer die Wogen glättenden, taufrischen Information zu dem vieldiskutierten Düsseldorfer OLG-Urteil wartete der für diesen Sektor zuständige Vertreter des Bundeskartellamtes Markus Wagemann auf. Der Rechtsstreit darüber, was sind in der Forstwirtschaft hoheitliche und was unternehmerische Tätigkeiten bei der Holzvermarktung und bei Forstdienstleistungen, werde am 10. April 2018 vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Das Land Baden-Württemberg hatte die Streitsache dort vorgelegt. Diesbezüglich sei also im nächsten Jahr mit  Rechtssicherheit von höchster Stelle zu rechnen. Um schon im Vorfeld Klarheit zu schaffen, nehme das Bundeskartellamt derzeit in vier ausgewählten Bundesländern spezielle Untersuchungen vor. Es handele sich dabei um Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Dabei stünden vier Kriterien im Vordergrund. Bedenklich sei eine Kooperation der staatlichen Forstverwaltungen mit Vereinigungen und Besitzern von Wald, die über eine Gesamtfläche von jeweils mehr als 100 Hektar verfügen. Die Besonderheiten der Bundesländer sowie deren jetziger Wald- und Vertriebsstrukturen würden berücksichtigt. Um einvernehmliche Lösungen sei man bemüht.

Wagemann warf einige ausgewählte Schlaglichter und Erkenntnisse aus den einzelnen Bundesländern. Thüringen beispielsweise bescheinigte der Jurist eine erhebliche Dominanz des Kleinstwaldes unter den Privatwaldeigentümern, die ihr Holz zu 75 Prozent selbst vermarkten. In dem Bundesland in der Mitte Deutschlands gebe es drei forstwirtschaftliche Vereinigungen und eine Holzvermarktungs GmbH. Kritisch seien die Kommunen zu bewerten, weil sie seiner Auffassung nach zu wenig Bewegung erkennen lassen. Zum weiteren Vorgehen seiner Behörde sagte Wagemann, dass seit Oktober dieses Jahres entsprechende Fragebögen  an die Bundesländer versandt werden. Bis Ende dieses Monats seien sie auszufüllen. Die Auswertung der Daten erfolge in den Monaten Dezember 2017 und Januar 2018. Die Bundesländer hätten zudem die Möglichkeit, Vorschläge zu unterbreiten. ++ (bu/mgn/15.11.17 – 228)

www.genonachrichten.wordpress.com, www.genossenschaftsnachrichten.wordpress.com, www.genossenschaftswelt.de, e-mail: 133mgn@gmail.com, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27