Unser Beitrag vom 23.11.19 befasst sich mit der Rolle des GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) und seinen Unterstrukturen. Der exemplarisch, am Beispiel des BBU aufgezeigte Interessenkonflikt, zeigt deutlich um was es geht. Die Verselbstständigung der Verwaltungsstrukturen im Genossenschaftswesen.
Die im Beitrag zitierten GenoGate Papiere erscheinen 2023 in Buchform. Nachstehend eine Leseprobe:
Die politischen Parteien, Bundestag, Bundesrat und die Bundesländer befassten sich in weitgehend gleichlautenden Aussagen mit dem Schutz der Marke Genossenschaft. Übereinstimmend werden Genossenschaften als mitgliederzentrierte Unternehmen beschrieben, die sich deutlich von den kapitalorientierten Unternehmensformen unterscheiden und somit schützenswert sind. Im Rahmen der Gesetzesnovelle vom 17. Juli 2017 Gesetz zum Bürokratieabbau und zur Förderung der Transparenz in Genossenschaften erfolgte eine Nachschärfung des § 58 Absatz 1 Genossenschaftsgesetz (GenG), der die Rechte und Interessen der Genossenschaftsmitglieder noch einmal in den Vordergrund stellte:
„Der Verband hat über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Auf den Prüfungsbericht ist, soweit er den Jahresabschluss und den Lagebericht betrifft, § 321 Abs. 1 bis 3 sowie 4a des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Im Prüfungsbericht ist Stellung dazu zu nehmen, ob und auf welche Weise die Genossenschaft im Prüfungszeitraum einen zulässigen Förderzweck verfolgt hat.“
Anstatt den genossenschaftlichen Förderauftrag zu prüfen, definiert die Genossenschaftsorganisation den Förderauftrag neu…
Die genossenschaftliche Selbstverwaltungsorganisation wird durch widersprüchliche Interessen der Verwaltungs- und Mitgliederebene geprägt. Deutschland hat eine staatlich bevollmächtigte und personell stark ausgebaute Selbstverwaltungsorganisation, die sich von den Prinzipien der internationalen Genossenschaftsbewegung durch das sogenannte Führerprinzip bzw. eine „Top-down“-Struktur unterscheidet. Letztlich stellen sich die Selbstverwaltungsorgane über die Mitglieder und deren Interessen und die Kontrollorgane in den Verbänden übernehmen Steuerungsfunktionen. Ein Beispiel dafür ist die Fusionspolitik. (Zahlen 2023 aktualisiert)
Die Genossenschaftsverbände stehen seit 1946 unter Aufsicht der Bundesländer, um den föderalistischen Gedanken des Grundgesetzes zu wahren. Die Bundesländer können seither den Prüfungsverbänden die Zulassung gewähren oder ihnen die Prüfungslizenz absprechen. Zuständig für die Staatsaufsicht ist das jeweilige Wirtschaftsministerium des Landes, in dem der Prüfungsverband seinen Sitz hat. Auf Bundesebene kümmert sich noch das Ministerium für Verbraucherschutz und Justiz Referat III A 5 um das Genossenschaftsrecht. Dieses wird von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) und der APAS (Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) unterstützt. Das genossenschaftliche Verbandswesen ist wie eine Pyramide aufgebaut. An der Spitze steht der gemeinsame Ausschuss der genossenschaftlichen Spitzenverbände. Direkt darunter sind die genossenschaftlichen Spitzenverbände DGRV (Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband) und der GdW (Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.) angesiedelt. Eine Ebene darunter befinden sich die Dach- und Fachverbände, namentlich der BVR (Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e.V.), der Deutsche Raiffeisenverband e.V., der Mittelstandsverband e.V. und der Zentralverband der Konsumgenossenschaften ZdK e.V.. Auf der untersten Ebene stehen vier DGRV-Prüfungsverbände und deren ausgegliederte Dienstleister, die als eigenständige Profitcenter tätig sind.