Zürich, 5. Januar 2016 (geno). Kooperationsgesellschaft: Genossenschaftliche Prinzipien sind anthropologisch fundiert und entsprechen in ihrem Gehalt den Erkenntnissen der personalen Psychologie. Sie sind unverzichtbar für den Aufbau und für den Erhalt des sozialen Friedens in einem Land. Zu diesem Resüme kommt Eva-Maria Föllmer-Müller in einem ganzseitigen Beitrag der jüngsten Ausgabe der Schweizer Wochenzeitung „Zeit-Fragen“. Die Grundprinzipien genossenschaftlichen Zusammenwirkens, der Zusammenschluss von Menschen zur Selbsthilfe in Selbstverantwortung und Selbstverwaltung zu einem gemeinsamen Zweck entspreche der Natur des Menschen. Kooperation in Freiheit und Gleichwertigkeit, selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Handeln seien dabei wesentlich.
„Immer mehr Menschen rücken ab von der Vorstellung des Homo oeconomicus und stellen das Wohl des Menschen und das Gemeinwohl wieder in den Mittelpunkt. Sie sehen den Menschen nicht nur als nutzenmaximierende Maschine, sondern als sittliche, als entscheidungs- und handlungsfähige Person, die in der Lage ist, ihr Handeln an einer Ethik auszurichten. Es sind freie und verantwortungsbewusste Menschen, und nicht die Kräfte des Marktes, welche die Form unseres wirtschaftlichen, sozialen und politischen Handelns bestimmen“, schreibt die Autorin. Fasse man verschiedene Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen ins Auge, so zeigt sich, dass gerade das Genossenschaftswesen von genau dieser Auffassung vom Menschen zutiefst durchdungen ist. Verwiesen wird in dem Beitrag auf die grundlegende Leistung des Rechtshistorikers Otto Gierke und des Historikers Adolf Gasser. Letztrere habe noch vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1943 Vorschläge unterbreitet, auf welche Weise „der Friede gewonnen“ , das heißt eine Wiederholung der damaligen Katastrophe vorgebeugt werden könne. In Gassers sehr lesenswertem Buch „Gemeindefreiheit als Rettung Europas“ werde auf zwei gegensätzliche Arten des staatlichen Aufbaus Bezug genommen. Die erste sei die genossenschaftliche, die zweite die herrschaftliche. Die genossenschaftliche Art beruhe auf freiwilliger Übereinkunft und gegenseitigem Vertrauen. Die herrschaftliche Art fuße auf zentralistischer Befehlsgewalt, die sich eines starken Heeres und eines straff durchorganisierten Beamtenapparates bedient. Nur in den genossenschaftlich aufgebauten Staaten könne wahre Freiheit entstehen. Aus dem Werk wird die bemerkenswerte Passage zitiert: „Der Gegensatz Herrschaft – Genossenschaft ist vielleicht der wichtigste Gegensatz, den die Sozialgeschichte kennt. Beim Gegensatz Obrigkeitsstaat – Gesellschaftsstaat geht es eben um schlechtweg fundamentale Dinge: nämlich um die elementarsten Grundlagen des menschlichen Gemeinschaftslebens. In grundlegender Weise unterscheiden sich die beiden Staatsgestaltungen vornehmlich durch geistig-sittliche Kennzeichen. Je nach dem Vorherrschen des einen oder des anderen Ordnungsprinzipes erscheinen die Staaten von entgegengesetztem Gemeinschaftsgeist beseelt: entweder vom Herrschaftsgeist oder vom Genossenschaftsgeist.“ ++ (fr/mgn/05.01.16 – 002)
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