Quebec, 14. September 2019 (geno). Ein Journalist und Stenograph hat Kanadas Kreditgenossenschaftswesen „erfunden“ und profiliert. Er hieß Alphonse Dejardins (1854-1920) und arbeitete als Protokollant im Parlament von Quebec. Er etablierte das genossenschaftliche Kreditwesen für die in Kanada lebende und wirtschaftende frankophone Bevölkerung.
In den Jahren 1840 bis 1900 waren rund 600.000 frankophone Kanadier in die Industriestädte der anglophonen Provinzen abgewandert. Um zu investieren, konnten sich bis dato Kleinunternehmer und Bauern nur an anglophone Großbanken wenden, die ihnen den Zugang zu Krediten erschwerten. Desjardins wollte diesen Zustand beenden und breiten Bevölkerungsschichten Kapital zugänglich machen. So sollte die Selbstbestimmung der einzelnen „Quebecois“ gestärkt und der gesellschaftliche Zusammenhalt der Quebecer gestärkt werden. Details seines Plans erläuterte er auf einem Jugendkongress im Jahr 1908. „Seine Idee bestand darin, ein Selbsthilfesystem – unabhängig von staatlicher Intervention – zu schaffen, das ein ländliches Gegengewicht zur industriellen anglophonen Wirtschaft bildet“, schreibt der Genossenschaftsforscher Christoph Barmeyer. Hierzu habe eine stimmige und kooperative Organisationsform gefunden werden müssen. Dafür habe Desjardins gesorgt, der aus ethischer Überzeugung heraus geeignetes Fachwissen aus Europa nach Nordamerika transferierte und Verbündete im Quebecer Genossenschaftswesen fand. Das geschah durch intensiven Briefwechsel mit dem alten Kontinent. Seine Frau Dorimene und zunehmend auch seine Tochter Albertine übernahmen die umfangreiche Korrespondenz mit den europäischen Experten. Einer der Ratgeber war der Engländer Henry William Wolff, der das Genossenschaftsmodell des italienischen Finanzministers und Genossenschaftsvorsitzenden Luigi Luzzati empfahl.
,So entstand auch die Group Desjardins, die im Jahr 2010 die größte Finanzgruppe von Quebec und die sechstgrößte Genossenschaftsbank der Welt war. ++ (ca/mgn/13.09.19 – 152)
