Stuttgart, 20. September 2017 (geno). Vor mehr als einem Vierteljahrhundert wurde den deutschen Wohnungsgenossenschaften die Gemeinnützigkeit entzogen. Seitdem sind sie nicht mehr steuerbegünstigt. Das hatte im Jahr 1990 die Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP unter Kanzler Helmut Kohl entschieden.
In diesem Zusammenhang wurde auch der GdW neu aufgestellt. Ein Verband der die Interessen der professionellen Anleger und der Genossenschaften vertreten soll. Damit wurde den Genossenschaften ein substantielles Wesensmerkmal genommen. Kritiker bezeichnen das als Staatsversagen und als Marktexzess, auch weil er gesamte öffentliche Wohnungsbau auf Druck der FDP als nicht marktwirtschaftlich in Frage gestellt wurde. An der Öffentlichkeit ist das weitgehend unbemerkt vorbei gegangen. Erst jetzt beginnen Genossenschaftsmitglieder das enorme Manko zu begreifen und wehren sich zunehmend.
Ein Beispiel liefert die 1948 als Gemeinnützige Flüchtlings-Wohnbaugenossenschaft (Flüwo) gegründete Selbsthilfe-Organisation in Stuttgart-Degerloch. Nach ihrer Satzung ist die Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung Zweck der Genossenschaft. Geradezu das Gegenteil davon geschieht gegenwärtig. Drei 1952 errichtete siebengeschossige Häuser sollen abgerissen werden. Dafür sollen Neubauten entstehen, deren Nutzungsentgelte oder Mieten derart ansteigen, dass sie von den alteingesessenen Genossenschaftsmitgliedern nicht zu stemmen sind. Im übrigen wurden sie in diese Entscheidungen gar nicht eingeweiht. Ihre Mitbestimmungsrechte als Miteigentümer wurden einfach ignoriert. Von den Abrissplänen erfuhren sie erst im Dezember vergangenen Jahres. ++ (gn/mgn/20.09.17 – 189)
+++update 2023 +++ Über ähnliche Erlebnisse berichten auch die GewoGenossen aus Essen. ( hier) und hier (www.gewogenossen.de ) Nach Beobachtungen von igenos stellen Vorstände und Verbände bundesweit die genossenschaftliche Selbstverwaltung in Frage und missachten somit nicht nur die genossenschaftlichen Werte, sondern missbrauchen auch vorsätzlich die Rechtsform Genossenschaft. Eine Umwandlung in eine genossenschaftliche AG wäre laut igenos e.V. eine Alternative zu jeder Art von „Scheingenossenschaft“. Entweder Genossenschaft oder Kapitalgesellschaft – so igenos. Gemeint ist, Genossenschaften fördern entweder konkret und satzungsrecht nachweisbar ihre Mitglieder und halten sich an die genossenschaftliche Regeln. Oder die Genossenschaften verhalten sich wie Kapitalgesellschaften und beteiligen ihre Anteilseigner an den Vermögenswerten ihres Unternehmen.
Ein weiterer Missbrauch der Rechtsform eG, wie derzeit im Geno-Bankensektor üblich, muss umgehend vom Gesetzgeber verhindert werden. „Es macht auch grundsätzlich Sinn Großgenossenschaft zu spalten und einzelne Wohneinheiten auszugliedern. Ehrenamtliche Vorstände und ein „angestellter Geschäftsführer“ könnten das Modell einer Dachgenossenschaft nutzen. So ein Sprecher von igenos und coopgo campus.
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