Berlin, 18. Juni 2019 (geno). Der am Dienstag vom Berliner Senat für die Dauer von fünf Jahren beschlossene Mietendeckel gräbt den Wohnungsgenossenschaften das Wasser ab. Das befürchtet der Vorstandsvorsitzende der Berolina eG und Sprecher der Berliner Wohnungsgenossenschaften, Frank Schrecker. In einem Interview vom Vortag im Sender „inforadio“ erklärte er, dass nach ersten Berechnungen den Genossenschaften in dem vorgesehenen Fünf-Jahres-Zeitraum Einnahmeverluste zwischen 100 bis 150 Millionen Euro drohen. Der Mietendeckel sei deswegen zu hundert Prozent abzulehnen. In Berlin befinden sich rund 90.000 Wohnungen in genossenschaftlicher Hand.
Schrecker warnte davor, dass die Senatspläne die Genossenschaften in allen Bereichen zum Sparen zwingen. Konkret zu nennen seien der seniorengerechte Wohnungsumbau und die energetische Sanierung für mehr Klimaschutz. die dann eingeschränkt werden müssten. „Und wir reden natürlich ganz, ganz klar über das Thema genossenschaftlicher Neubau“, so Schrecker. In diesem Sektor werde zuerst eingeschränkt bis ausgesetzt. Es gehe in Berlin aber in erster Linie um das Bekämpfen der schwarzen Schafe und der Spekulanten. Er forderte die Politik auf, nicht mit den Genossenschaften zu streiten, sondern sich zu einem Schulterschluss zusammenzufinden. „Die soziale Wohnungsversorgung ist quasi unsere DNA“, so der Genossenschaftssprecher. Immerhin sei man seit 130 Jahren fair am Markt.
Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher hatte im Vorfeld der Entscheidung die Wellen der Empörung unter den Genossenschaften zu glätten versucht. Derzeit gehe es lediglich um Eckpunkte. Dem Gesetzentwurf folge zudem noch eine Anhörung und danach eine Debatte im Abgeordnetenhaus. Man stehe erst am Anfang eines Prozesses und die Äußerungen der Genossenschaften würden sehr ernst genommen und angeschaut. Da es sich nur um Eckpunkte handelt, könnten die Wirkungen nicht so umfassend sein wie befürchtet. Es liege auf der Hand, dass die Wirtschaftlichkeit der Wohngebäudebestände gesichert sein müsse. ++ (wg/mgn/18.06.19 – 113)
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Kommentar igenos :
Ist der Mietendeckel gut oder schlecht für die Berliner Wohnungsgenossen?
Vom Mietendeckel betroffen sind in erster Linie Fondsgesellschaften, die im Rahmen der neoliberalen Privatisierungswelle massenhaft Sozialwohnungen aufgekauft und übernommen haben und vor allem an Rendite interessiert sind. Die Interessenvertretung dieser Fondsgesellschaften ist der GdW, der gleichzeitig auch die Wohnungsgenossenschaften vertreten soll.
Die Nutzungsgebühr für eine Genossenschaftswohnung hat sich grundsätzlich an den anfallenden Kosten zu orientieren und nicht am Mietenspiegel der privat finanzierten Wohnungen.
Zunächst stellt sich auch bei jeder Wohnungs-genossenschaft die Frage sind Mieterhöhungen (Erhöhung der Nutzungsgebühr) überhaupt notwendig und ist diese Mehrbelastung mit dem genossenschaftlichem Förderauftrag zu vereinbaren.
Verfügt die Genossenschaft über ausreichende Reserven um notwendige Sanierungsmaßnahmen aus den Rücklagen zu begleichen? Hierüber sollten zunächst die Mitglieder entscheiden. Ob Mieterhöhungen gerecht-fertigt sind um Neubauwohnungen zu finanzieren – ist ebenfalls ein Thema über das ganz allein die Genossenschaftsmitglieder zu entscheiden haben.
Das Genossenschaftsfunktionäre GdW Politik machen ist zumindest diskussionswürdig. Die Tatsache das diese Diskussion ohne Beteiligung der direkt betroffenen Wohnungsgenossen stattfindet, ist systemtypisch. Wäre es nicht viel angebrachter, wenn die Vorstände den Sachverhalt zunächst mit ihren Wohnungsgenossen klären und auf Verbandspolitik verzichten?
1 Kommentar.
Sehr geehrter Herr Schrecker, Ihren Gastbeitrag in der BLZ vom 10.10.2019 als Antwort auf die Meinung von Klaus Lederer empfinde ich als äußerst unseriös. Lederer hat völlig recht, Ihr Beitrag ist eine umfassende Schützenhilfe für die Wohnungskonzerne, die nur die Rendite im Kopf haben. Keinesfalls ist eine finanzielle Schwächung der Wohnungsgenossenschaften vorgesehen oder beabsichtigt.
Mit freundlichem Gruß
H. Siggelkow