Berlin, 1. März 2019 (geno). Die Rückvergütung ist für die Attraktivität von Genossenschaften von zentraler Bedeutung. Sie war und ist eigentlich ein Klassiker, um Mitglieder für die Gründung und den Ausbau von Genossenschaften zu gewinnen. Dennoch entwickelt sich dieses Element kooperativen Wirkens und Wirtschaftens rätselhafterweise rückläufig. Dass es sogar zu verschwinden droht, ist für die genossenschaftliche Identität eine immense Gefahr. Schließlich gibt es kaum ein überzeugenderes Argument, jemandem die Vorteile und Vorzüge der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft zu illustrieren. Bemerkenswerterweise findet der schleichende Tod der Rückvergütung als Beteiligung der Genossenschaftsmitglieder am Gewinn und als typischer Faktor der direkten genossenschaftlichen Förderleistung ausgerechnet in Deutschland besonders viele Opfer.
Über die Gründe dafür gibt die Rechtshistorie interessante Impulse. Die Rückvergütung war erstmals am 14. Oktober 1897 vor dem Preußischen Oberverwaltungsgericht Gegenstand der Rechtsprechung. Während der Weimarer Republik wurden in den Jahren 1920 und 1925 gesetzliche Pflöcke eingeschlagen, um Genossenschaften nahezu vollständig von Steuern zu befreien.
Die Nationalsozialisten drehten den Spieß um 180 Grad um und führten unter anderem die Steuerpflicht für Genossenschaften mit dem Körperschaftssteuergesetz von 1934 ein. Der genossenschaftliche Förderauftrag (GenG § 1.1.) wurde den neu defiierten „völkischen Gemeinschaftsinteressen“ untergeordnet. Gleichzeitig wurde die Zwangsmitgliedschaft in einem Genossenschaftsverband und das genossenschaftliche Führerprinzip eingeführt. Seitdem scheint sich wenig Fundamentales in der Bundesrepublik Deutschland geändert zu haben.
Erstaunlicherweise feierte die genossenschaftliche Rückvergütung in der DDR fröhliche Urständ.
Den Hintergründen hierfür nachzugehen, dürfte der Genossenschafts-forschung gut zu Gesicht stehen. ++ (rg/mgn/01.03.19 – 042)www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27
Das in in der igenos Reihe Genossenschaftspraxis N.4 erschienene Buch Geno-Rente befasst sich mit dem Thema genossenschaftliche Rückvergütung. Es geht dem Autor schwerpunktmäßig um die Förderung der Mitglieder der Bankgenossenschaften, wie diese in der Bundestagsdruckache V/3500 beschrieben und eingefordert wird.
Das Konzept der Geno-Rente lässt sich in angepassster Form auch auf Wohnungs- oder Energiegenossenschaften übertragen.
In der Geno-Rente wird die eingeforderte Mitgliederförderung umgesetzt. Weitere Diskussionen um Member-Value oder Förderbilanzen sind nun hinfällig.
Bei dem Konzept Geno-Rente handelt es sich um einen banküblichen Sparvertrag, der an die Mitgliedschaft in der Genossenschaft gekoppelt ist. Mit diesem Sparvertrag werden die von der Genossenschaft ausgeschütteten Einzelbeträge der genossenschaftlichen Rückvergütung Jahr für Jahr angesammelt und verzinst. Dies geschieht bis zum Eintritt des Rentenalters im 67. Lebensjahr. Diese Altersgrenze kann durchaus auch variabel gestaltet werden.
Auch die im Buch beschriebenen Beispiele basieren ebenso wie die Berechnungen auf einem reinen Banksparvertrag. Es gibt keine Versicherungsprämien, keine Provisionszahlungen und keine Verwaltungskosten.
Die Geno-Rente ist ein banküblichen Sparvertrag in variablen jährlichen Raten. Die Auszahlung erfolgt ebenfalls nicht als Rente. Der Begriff Geno-Rente wurde nur zur Verdeutlichung der Ausschüttung einer genossenschaftlichen Rückvergütung verwendet. Und deren Ansparung zu einem Kapitalbetrag, der nach Fälligkeit durch monatliche Teilentnahmen in selbst zu wählender Höhe für zusätzliche private Geldmittel im Alter verbraucht wird.
Ob diese Geldmittel dann für den Lebensunterhalt, zu Reisen oder bei Gebrechlichkeit im Alter zur Pflege verwandt werden, bleibt jedem Genossenschaftsmitglied selbst überlassen.
Mitglieder von Genossenschaftsbanken zahlen heute die gleichen Zinsen und Gebühren wie Nichtmitglieder. Eine der Rechtsform Genossenschaft obliegende Förderung der Mitglieder findet nicht mehr statt. Durch die genossenschaftliche Rückvergütung würden die Mitglieder einen Teil Ihrer zu viel bezahlten Zinsen und Gebühren zurückerhalten. Und zwar Beträge, die sie ohne Ausschüttung der Rückvergütung niemals wieder erhalten würden.
Autor: Georg Scheumann, genossenschaftlicher Bankbetriebswirt,ehm.
Vorstand der Raiffeisenbank Neuhof a.d.Zenn eG. Vorstand igenos e.V.