Bonn, den 3.2.2025 Nach Informationen von genoleaks wird nun auch die als „Übernahmekandidat“ gehandelte VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden in den „GenoGate Papers“ behandelt. Auslöser sind die inzwischen zu Schleuderpreisen verkauften Immobilienpakete. genoleaks recherchiert seit längerem, ob und inwieweit ein Verbandsrat des zuständigen Genossenschaftsverbandes, in diese Geschäfte verwickelt ist. Pikant an dem Fall ist auch, dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände den staatlichen Auftrag und das Monopol haben, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung von Genossenschaften zu prüfen und zu beurteilen. Erst letzte Woche ist der bisherige Vorstandsvorsitzende des verantwortlichen Genossenschaftsverbandes völlig überraschend zurückgetreten. Bei den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden entscheidet der von den Mitgliedsgenossenschaften gestellte Verbandsrat über die personelle Zusammensetzung des Vorstandes.
Zum Thema Bewertungen: Im öffentlich zugänglichen Unternehmensregister ist die Bilanz des Jahres 2022 der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG veröffentlicht, diese enthält Informationen, die einerseits interessant sind und zum Nachdenken anregen, aber andererseits auch welche, die weitergehende Berechnungen erlauben. So ist zu lesen:
„Mit Vertrag vom 22.03.2024 hat die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (im Weiteren: BVR-SE) Stützungsmaßnahmen in Form von Garantien zur Absicherung von akuten bilanzwirksamen Risiken gewährt. Dieser Vertrag entfaltet im Sinne des § 252 Abs. 2 HGB Rückwirkung auf den vorliegenden Jahresabschluss. Daher erfolgt die Aufstellung unter Fortführungsgesichtspunkten entsprechend § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Die Stützungsmaßnahmen dienen der Absicherung folgender Risiken:“
Unter anderem wird dort in den Risiken auch ein Risiko im Immobilienbereich von fast 99 Millionen Euro genannt, die offenbar nach Auswertung der von BAG-Wert erstellten Immobiliengutachten als Differenz zwischen den von den Gutachtern ermittelten Marktwerten der Immobilien und dem Buchtwert entstanden sein sollen.
Im Jahresabschluss 2022 wird im Anhang von einem Immobilienbestand von 343 Millionen Euro berichtet. Laut den Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung beliefen sich die Einnahmen aus dem Vermietungsgeschäft auf 16,325 Mio. Euro. Setzt man diese ins Verhältnis zum Immobilienbestand von 343 Mio. Euro errechnet sich daraus eine Mietrendite von 4,76% pro Jahr. Eigentlich ausreichend in einer Niedrigzinszeit, wo statt Immobilien zum Zwecke der Generierung von Mieteinnahmen bei einer Gegenanlage des eingesetzten Geldes wesentlich weniger an Zinsen erhalten worden wären.
Liest man im Jahresabschluss 2022 dann etwas intensiver die Ausführungen der Wirtschaftsprüfer von Baker Tilly zum Bestätigungsvermerk, dann stolpert man über folgende Aussage: „Der Bewertung des Immobilienvermögens liegen überwiegend Wertgutachten zugrunde, bei denen insbesondere im Hinblick auf die Festlegung der Bewertungsparameter Ermessensspielräume bestehen.“
Solches bringt einen kundigen Bilanzleser natürlich zum Nachdenken, denn Ermessensspielräume bei Festlegung der Bewertungsparameter heißt schließlich auch Ermessenspielräume bei der Festlegung des jeweiligen Liegenschaftszinssatzes und des daraus berechneten Vervielfältigers, der in den Gutachten der Sachverständigen maßgeblich für den Marktwert, also für den Verkehrswert ist.
Berechnet man z.B. aus den in der Bilanz vorliegenden Zahlen den Vervielfältiger, ergibt die Division von Buchwert 343 Mio. Euro und 16,325 Mio. Euro (343:16,325) das Ergebnis von 21,01 als Vervielfältiger des Mietertrags. Mit der Formel 100% : 21,01 erhält man als Ergebnis 4,76% das wiederum die Mietrendite bezeichnet.
Natürlich kann man dies auch mit höher angesetzten Mietrenditen berechnen, so ergäbe bei einem angenommenen Zinssatz von 6% der Vervielfältiger der Mieteinnahmen nur noch das 16,67-fache, bei 16,325 Mio. Euro Mieteinnahmen somit nur noch einen Marktwert von 272 Mio. Euro, also einen Wertrückgang der Immobilien um 70 Millionen Euro. Bei einem noch höheren Zinssatz von z.B. 6,75% läge der Vervielfältiger nur noch bei 14,8 was dann einem Wertrückgang um ca. 100 Millionen ausmachen würde, bei 8% wäre es nur noch das 12,5-fache, also ein Wertverlust zum vorhandenen Buchwert von bereits 140 Millionen Euro.
Ermessenspielraum bei Immobilienbewertungen bezeichnet nach Ansicht des Verfassers den Handlungsspielraum den z.B. ein Immobiliengutachter im Rahmen seiner Tätigkeit hat und bedeutet offenbar, dass es im Ermessen des jeweiligen Begutachters steht, z.B. in einer Bandbreite von 4% bis 8% jenen Zinssatz für sich herauszusuchen, den er meint zur Bewertung zu benötigen.
Die im Jahr 2024 vorgenommenen Neubewertungen des Immobilienbestandes der Bank wurden von der BAG Wert GmbH, Hamm vorgenommen. Diese ist eine 100%ige Tochter der GHG Gesellschaft für Haus- und Grundbesitzvermittlung mbH in Hamm, die wiederum eine 100%-Tochter der BAG Bankaktiengesellschaft in Hamm ist.
Gerade bei Bewertungen eines gesamten Immobilienbesitzes hätte es den Auftraggebern in der Bank, aber auch dem BVR, der ja in allem eingebunden war, besser zu Gesicht gestanden, vollkommen andere und vor allem von einer eventuellen Einflussnahme durch jedwede Dritte, vollkommen unabhängige Begutachter zu beauftragen. So aber ist es durchaus verständlich, dass zu den Immobiliengutachten der BAG Wert GmbH immer wieder Gerüchte, manche bezeichnen diese sogar als „Friends and Family Gutachten“, aufkommen. Besonders deshalb, da durch das ausgeübte Weisungsrecht des Vorstands der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG gegenüber dem Geschäftsführer der Filia Domo GmbH, das Weisungsrecht des 100% Gesellschafters einer GmbH allgemein bekannt wurde. Auch die Geschäftsführer der GHG GmbH waren gegenüber der BAG Wert GmbH weisungsbefugt, denen gegenüber war wiederum der Vorstand der BAG-Bankaktiengesellschaft weisungsberechtigt. Und die BAG-Bankaktiengesellschaft wiederum befindet sich zu fast 100% im Besitz des BVR.
Ob eine Weisungsbefugnis auch ausgeübt wurde ist nicht bekannt, aber über Gerüchte darüber und Kritik daran, muss sich weder der Vorstand noch der BVR wundern. Schließlich liegt das in der Natur der Sache selbst.