Bundestag erleichtert digitalen Beitritt zu Genossenschaften

Mit dem Artikel 22 des Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz) bezweckt der Gesetzgeber die Vereinfachung und Modernisierung der administrativen Prozesse in Genossenschaften. Der Deutsche Bundestag hat dieses Gesetz am 26.09.2024 beschlossen. Erhebt der Bundesrat in seiner Sitzung am 18.10.24 keinen Einspruch tritt das Gesetzt zum 1.01.2025 in Kraft. Im Mittelpunkt stehen dabei die Anpassungen in Bezug auf die Verwendung der „Textform“ anstelle der bisher vorgeschriebenen „Schriftform“ in verschiedenen Bereichen des Genossenschaftsrechts. Hier eine Übersicht der wesentlichen Änderungen:

1. Inhaltsübersicht: Die Beschreibung zu § 15 wurde aktualisiert und ein neuer § 177 („Übergangsvorschrift zum Vierten Bürokratieentlastungsgesetz“) hinzugefügt.

2. Formvorschriften: 

– An mehreren Stellen im Gesetz, z.B. in § 5, § 11, und § 15, wird die bisher erforderliche „schriftliche Form“ durch die flexiblere „Textform“ ersetzt. Das bedeutet, dass Dokumente künftig in elektronischer Form übermittelt werden können, anstatt eine Unterschrift auf Papier zu erfordern.

– Genossenschaften können aber in ihrer Satzung weiterhin die Schriftform für bestimmte Dokumente vorschreiben.

3. Erwerb der Mitgliedschaft:

– Der Vorgang zur Mitgliedschaftserklärung wurde dahingehend modernisiert, dass die Beitrittserklärung nun ebenfalls in Textform abgegeben werden kann (§ 15).

– Zusätzlich müssen bei elektronischen Beitrittserklärungen spezifische rechtliche Hinweise optisch hervorgehoben werden.

4. Weitere Geschäftsanteile: Für die Beteiligung an weiteren Geschäftsanteilen bedarf es einer unbedingten Beitrittserklärung in Textform. Auch hier kann die Satzung die Schriftform vorschreiben (§ 15b).

5. Vollmachten: Die Vollmachtserteilung kann in Textform erfolgen, sofern die Satzung keine Schriftform vorschreibt (§ 43).

6. Kündigungserklärungen: Auch bei Kündigungserklärungen gilt die Textform als zulässig, es sei denn, die Satzung schreibt ausdrücklich die Schriftform vor (§ 65, § 67).

7. Übergangsvorschriften: 

– Im neu eingefügten § 177 wird geregelt, dass bestimmte Erklärungen bis Ende eines festgelegten Zeitraums (fünf Jahre nach Verkündung des Gesetzes) auch dann in Textform erfolgen können, wenn die Satzung die Schriftform vorsieht. Dies dient der vorübergehenden Entlastung und Flexibilisierung im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes.

Zusammenfassend handelt es sich bei den Änderungen um die „Digitalisierungsvorschläge“ des vorliegenden Referentenentwurfs „Gesetz zur Stärkung der genossenschaftlichen Rechtsform“ vom Sommer 2024, die nun Huckepack in der Fassung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 20/13015) vorab Gesetzeskraft erlangten. Die Reform bietet Chancen für eine Vereinfachung der Verwaltungsprozesse von Genossenschaften, allerdings auch Risiken. Letztlich muss nämlich auch bei der Entgegennahme und Absendung von Erklärungen nicht in Schrift-, sondern in Textform die Rechtssicherheit sicher gestellt bleiben. Gewöhnliche E-Mails z.B. sind ja Textform, bieten aber keinerlei Fälschungssicherheit. Es bleibt also Aufgabe der diese „digitalen Vereinfachungen“ aufgreifenden Genossenschaften, die neuen Möglichkeiten so zu nutzen, dass keine Zweifel über die mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisse durch fehlende Beweismöglichkeiten aufkommen können. Auch macht das ganze wirtschaftlich nur dann Sinn, wenn die eingesetzten digitalen Verfahren mit den entsprechenden angemessenen Sicherheitsanforderungen weder für die Genossenschaft noch die beitretende Mitglieder am Ende viel teurer sind, als das Absenden eines Briefes mit altertümlicher Unterschrift. Können die Mitgliedschaftsverhältnisse oder das Vorliegen des Zeichnens zusätzlicher Anteile einer Genossenschaft wegen der Verwendung der Textform nicht jederzeit rechtssicher festgestellt werden und dadurch Schäden entstehen – die Haftsumme der Genossenschaftsanteile ist ja ein entscheidender Faktor und hängt unmittelbar davon ab – haften Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 34, 41 GenG persönlich für die Folgen, wenn sie ein unsicheres Verfahren verwendet bzw. zugelassen haben.

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