Im Jahr 2016 wurde die „Idee und Praxis der Organisation von gemeinsamen Interessen in Genossenschaften“ in Deutschland als immaterielles UNESCO-Kulturerbe anerkannt. Dabei hat sich Deutschland gegen die nicht nominierte Rochdale Society of Equitable Pioneers in Rochdale Großbritannien durchgesetzt.
In der Begründung des unabhängigen Expertenkomitees Immaterielles Kulturerbe für dessen Auswahlempfehlung für die UNESCO-Nominierung wurde unter anderem hervorgehoben, dass auch Genossenschaften in der Regel wirtschaftliche Ziele verfolgen, doch sei diese spezielle Organisationsform, Menschen mit gemeinsamen Interessen ohne Gewinnerzielungsabsicht zur Erreichung gemeinsamer Ziele zusammenzubringen, von nicht zu unterschätzender kultureller Bedeutung: „Genossenschaften orientieren sich an sozialen Werten und bauen auf ideellen Grundsätzen wie Solidarität, Ehrlichkeit, Verantwortung und Demokratie – das heißt auf Prinzipien des kulturellen Selbstverständnisses menschlicher Gemeinschaften – auf. Dieser Aspekt sowie das durch diese Kulturform zum Ausdruck kommende bürgerschaftliche Engagement im sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich jenseits von privaten und staatlichen Wirtschaftsformen sprechen, der Begründung zufolge, für die Genossenschaftsidee als Vorschlag für die UNESCO-Liste.“
Doch wie sieht es in der Praxis aus? (siehe hier) Der größte Teil der verbliebenen 697 Volks- und Raiffeisenbanken sind offensichtlich Placebo-Genossenschaften, die lediglich den Rechtsmantel der eingetragenen Genossenschaft missbrauchen. Das sind 17,8 Millionen betroffene Genossenschaftsmitglieder, von denen 99,9% als Füllmasse instrumentalisiert werden. Ganz einfach ohne „Genossen“ gibt es keine „Genossenschaft“.
Das System BVR funktioniert weitgehend geräuschlos, aber ist es noch im Sinne der Erfinder?
Gesetzlicher und satzungsmäßiger Zweck jeder wirtschaftlich tätigen Genossenschaft ist die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder. Dies bedeutet speziell und ausschließlich die Förderung der eigenen Mitglieder durch Vermehrung des Vermögens der Mitglieder, was eine übermäßige, über die gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen hinausgehende Vermögensmehrung der Genossenschaft selbst ausschließt.
Obwohl es das Genossenschaftsgesetz und die Satzung so vorsehen, sieht es der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) anders. Als reiner Bankenverband ist er weder an Mitgliederförderung noch an Transparenz interessiert. Genossenschaftsbanken, die statt Gewinnmaximierung ihre Mitglieder fördern wollen, werden diszipliniert und auf BVR-Kurs gebracht, koste es, was es wolle.
Die Chefstrategen des BVR waren und sind der festen Überzeugung, dass allein ihre hierarchische Position ausreichen müsse, um die Genossenschaftsvorstände zur Einsicht und Umkehr zu bewegen. Genossenschaftliche Prinzipien wie Transparenz und Basisdemokratie gelten für die Genossenschaftsbanken des BVR nicht. Die Macht liegt beim BVR mit seiner Tochter BVR-Institutssicherung GmbH und den mit einem hoheitlichen Prüfungsmonopol ausgestatteten genossenschaftlichen Verbänden als seinen Erfüllungsgehilfen. Die genossenschaftliche Idee im Sinne des Weltkulturerbes stellt sich jedoch ganz anders dar und ist in hohem Maße gefährdet.