Frankfurt a.M., 28.05.2024 Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in letzter Instanz über Nachwehen der Fusion der Volksbank Rüsselsheim mit der Frankfurter Volksbank entschieden (AZ 8 U 23/22).
Zuletzt hatte die fusionierte Bank mit hohen Phantasiestreitwerten im Anschluss an die Fusion die Herausgabe von Mitglieder- und Vertreterlisten der Volksbank Rüsselsheim von den bereits zuvor opponierenden Genossenschaftern verlangt. Die Mitgliederinitiative: „Wir sind die Volksbank Rüsselsheim“ hatten die Adressdatei im Zuge der Wahrnehmung ihrer Mitgliedsrechte zunächst erhalten. Allerdings war die Liste nicht maschinell zu verarbeiten und musste von einem Büroservice nachbearbeitet werden. Nun begann ein Streit um den vermeintlichen Datenschutz vor dem Landgericht, da ja die Daten an Dritte weitergegeben wurden. Auch in der Vorinstanz waren die Juristen der Rüsselsheimer Volksbank eG bereits gescheitert.
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. stellte nun fest, dass die Bank auf der Grundlage der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schon gar keinen Anspruch auf Herausgabe haben könne, weil diesen nur natürliche Personen für sich persönlich geltend machen können. Es habe sich vielmehr bei der Herausgabe um legitime Wahrnehmung demokratischer genossenschaftlicher Mitgliedsrechte gehandelt. Die Klage der fusionierten Bank gegen die opponierenden Mitglieder wurde daher in letzter Instanz abgewiesen, Revision nicht zugelassen.
Beim BGH wäre allerdings noch eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich. Aus rechtstechnischen Gründen, die mit dem tatsächlichen zeitlichen Fortgang der Fusion, ihrer Rechtswirksamkeit und der „Reinwaschklausel“ des § 20 Umwandlungsgesetz zu tun haben, wurde allerdings das Urteil der Vorinstanz hinsichtlich der Widerklage der opponierenden Mitglieder aufgehoben.
Die „Reinwaschklausel“ besagt nämlich, dass Mängel einer Verschmelzung bzw. Fusion bestimmte Rechtswirkungen einer solchen, ist sie erst einmal eingetragen, unberührt lassen. Gegenstand der Widerklage war vor allem die Anfechtung der Fusionsbeschlüsse. Nach Auffassung des Gerichts sei wegen der Reinwaschklausel das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung unkorrekt zustande gekommener Beschlüsse und Herausgabe einschlägiger Protokolle möglicherweise entfallen, jedenfalls könne die Anfechtung dieser Beschlüsse formal nicht im Wege der Widerklage verfolgt werden. Nach Auffassung des Gerichts fehlte jedenfalls die für eine Widerklage, also Behandlung im gleichen Prozess, sogenannte Konnexivität nach § 33 Zivilprozessordnung.
Vier Jahre nach der Fusion gab es also vor allem Kosten und Gebühren. Immerhin wurde der versuchten Gängelung der Ausübung demokratischer Minderheitsrechte durch die Fusionsgegner unter Missbrauch der Klagemöglichkeiten der DSGVO eine klare Absage erteilt und das wegweisende Urteil zugunsten innergenossenschaftlicher Transparenz und Demokratie im Kern aufrechterhalten.
https://www.genonachrichten.de/2022/01/06/weweisendes-urteil-zugunsten-innergenossenschaftlicher-transparenz/
Die opponierenden Genossenschaftsmitglieder beabsichtigen nun mit einer weiteren Klage die verantwortlichen Organmitglieder der ehemaligen Volksbank Rüsselsheim für den eingetrenen Schaden direkt haftbar zu machen, vgl. dazu Genonachrichten https://www.igenos.de/ruesselsheim/
Die „Reinwaschklausel“ im Umwandlungsgesetz, nach der einmal eingetragene Fusionen stets bestand haben, findet nämlich eine gewisse Kompensation im § 25 Umwandlungsgesetz, der Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger der übertragenden Rechtsträger. Die Mitglieder der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane haften nämlich persönlich für Schaden aus der Fusion, sofern sie ihre Sorgfaltspflicht nicht beachtet haben. Das kann bis fünf Jahre nach der Fusion geltend gemacht werden.Nach Auffassung der oppositionellen Genossen ergibt sich die Verletzung der Sorgfaltspflicht insbesondere auch aus dem Vorliegen von Untreue i.S.d. Strafgesetzbuches. Zum Beispiel der Betrug durch Unterlassen. Die Vertreter wurden nicht hinreichend über die Alternativen zu einer Fusion hingewiesen.
Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen wurden im Gastbeitrag von Dr. jur. Ludolf von Usslar, DBA, ausführlich dargelegt
https://www.genonachrichten.de/2021/07/02/sanktionierte-pflichtverletzung-von-vorstand-und-pruefungsverband-wegen-der-nichteinhaltung-genossenschaftlicher-satzungsbestimmungen/