Erfurt/Bad Salzungen, 4. April 2024 (geno) Deutschlands Genossenschaftslandschaft bebt und befindet sich in einem außerordentlich hohen Spannungszustand. Es geht wieder einmal um die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG. Wackere ostdeutsche Genossen haben dafür gesorgt und sind auf den Plan getreten, um das verkrustete deutsche Kooperationswesen aufzubrechen und ihm einen wahrhaftig genossenschaftlichen Marsch zu blasen. Ein neues wirtschafts- und gesellschaftspolitisches Schlachtfeld ist eröffnet worden. Es dämmert am Horizont.
Das Vorgeplänkel hat kürzlich in Thüringen stattgefunden. Ostdeutsches Genossenschaftsvermögen sollte im Großmaßstab verschoben, verhökert oder auf andere Weise veruntreut werden. Zu wessen Gunsten – bleibt ein Dunkelfeld. Damit verbunden ist ein gigantisches Demokratieproblem. Es wird ganz besonders virulent, weil in den drei ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen demnächst – Anfang September dieses Jahres – Wahlen zu den jeweiligen Landtagen stattfinden. Die Auguren lassen auf eine knallharte Ost-West-Konfrontation schließen. ++ (od/mgn/04.04.24 – 052)
www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn) , tel. 0176 26 00 60 27
6 Kommentare.
Genossenschaft funktioniert von unten. Die Genossenschaftsnachrichten werden von Genossenschaftsmitgliedern für Genossenschaftsmitglieder gemacht. So bestimmt der Standort die Perspektive.
In Deutschland betreuen über 4.000 Mitarbeiter in den GenoVerbänden (den angeschlossenen Beratungsunternehmen) unsere 8.000 Genossenschaften. Hinzu kommen 2 Behörden des Bundes, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFIN) und die Staatsaufsicht in den Bundesländern. Mehr als 4.000 Menschen befassen sich mit 8.000 Genossenschaften. Trotzdem ist das Interesse an der Rechtsform Genossenschaft in Deutschland extrem unterentwickelt. Weniger als 5% aller Genossenschaftsmitglieder haben sich schon einmal mit „ihrer genossenschaftlichen Identität“ oder dem „Nominalwertprinzip“ auseinandergesetzt. Dieses „Gesamtkunstwerk“ namens genossenschaftliche Selbstverwaltungsorganisation ist weltweit einmalig und von der genossenschaftlichen Basis weit entfernt.
Das Genossenschaftswesen in Deutschland erinnert an den „real existierenden Sozialismus“ in der untergegangenen DDR. Der Umgang mit dem Mitgliederaufstand der Effenberg-Bank ist ein Beleg dafür.
Es kommt noch schlimmer. Im europäischen Vergleich ist die Rechtsform der Genossenschaft in Deutschland unattraktiv und bedeutungslos. Googeln Sie mal „Genossenschaften Europa“ und schauen Sie sich die Geno-Ratio an. Auch hier geht es nicht um Verschwörungstheorien, sondern um Fakten.
Die Genonachrichten orientieren sich am Standard des Weltgenossenschaftsverbandes ICA. http://www.ica.coop
Nichts ist einfacher, um Genossenschaftsmitglieder auf die eigene Seite zu ziehen, als Angst um dem Verlust ihrer gezeichneten Geschäftsanteile zu erzeugen. Vor allem, wenn vorher über massive Medienkampagnen Unsicherheit verbreitet wurde.
Und es ist leicht Kritik zu üben, wenn man die Hintergründe nicht kennt oder nicht zur Kenntnis nehmen will.
In der genossenschaftlichen Finanzgruppe herrscht eine strenge Hierarchie. Wer sich damit beschäftigt weiß, dass Hierarchie eine abgestufte Ordnung ist, die auf Über- und Unterordnung, auf Herrschaft und Unterwerfung beruht.
Hier muss man zunächst wissen, dass die (noch vier) kreditgenossenschaftlichen Prüfungsverbände, zusammen mit dem BVR, angesichts des gesetzlichen Prüfungsmonopols für die Prüfung der Genossenschaftsbanken durch die Prüfungsverbände ein Kartell bilden. Dieses im Genossenschaftsgesetz verankerte Prüfungsmonopol verleiht ihnen eine nahezu uneingeschränkte Macht über die Volksbanken und Raiffeisenbanken, da die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen nur von den Prüfern des jeweiligen Prüfungsverbandes, dem die einzelne Genossenschaftsbank angehört, durchgeführt werden müssen.
Der Erhalt dieser Macht hat in der ehrenwerten Genossenschaftsgesellschaft oberste Priorität. Wer aus dieser Hierarchie auszubrechen versucht, wird mit allen Mitteln bekämpft, koste es, was es wolle. Abweichler werden nicht geduldet. Sie werden mit aller Härte verfolgt, denn das könnte Schule machen und ein Beispiel für andere Abweichler sein, die diesem Kartell ebenfalls den Rücken kehren wollen.
Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG hat vor acht Jahren im Streit einen gesetzlichen Prüfungsverband, der dem BVR-Verbund angehörte, verlassen und sich einem kleinen Prüfungsverband angeschlossen, der gesetzlich auch für die Prüfung von Kreditinstituten zugelassen ist, aber weder dem BVR noch dem DGRV angehört. Gegen diesen – bislang einmaligen – Verbandswechsel haben der abgebende genossenschaftliche Prüfungsverband und der BVR von Anfang an bei der BaFin interveniert. Traurig dabei ist, dass eine Bundesbehörde wie die BaFin dieses Spiel immer noch mitspielt.
Kritische Kommentatoren sollten sich zunächst selbst die Frage beantworten, wer den Verlust bei der VR-Bank Bad Salzungen ermittelt hat. Wurde er von absolut unabhängigen Gutachtern ermittelt oder von weisungsgebundenen, abhängig beschäftigten Angestellten aus dem Kreis der Genossenschaftsorganisation?
@ Insider. Die VR-Bank hat ein Liquiditätsproblem, das eindeutig auf die negative Presse zurückzuführen ist. Der Artikel in den GenoNachrichten vom 2.04.24 stimmt mich nachdenklich. Vor 20 Jahren, zu Zeiten des RWGV, gab es einen ähnlichen, wenn auch kleineren Skandal in der Eifel. Der Vorstand der Volksbank Kall wurde vorgeführt. Kreditengagements und Sicherheiten wurden neu bewertet. Ein betroffenes Mitglied, ein Bauunternehmer, beging aus Verzweiflung Selbstmord.Kollateralschaden. Nach der Fusion mit der VR-Bank Nordeifel eG gab es eine Wunderheilung und eine Erfolgsgeschichte.
Ich kann den Worten von „Insider“ nur zustimmen. Man muss den Eindruck gewinnen, dass sich die Autoren und Initiatoren dieser Plattform von der Realität und einer von Tatsachen und Vernunft getragen Denkweise immer weiter entfernen. Was sich in den hier veröffentlichten Texten an Gedankengut erkennen lässt, finde ich sowohl inhaltlich als auch, was den Ton angeht, inzwischen sehr besorgniserregend. Ach und @Outsider: Ihr sog. „BaFin-Protektorat“ nennt man Finanzaufsicht und dient in erster Linie dem Schutz der gutgläubigen Kunden solcher Banken wie in Bad Salzungen, wo der alte Vorstand und Aufsichtsrat offenbar vergessen hatten, dass sie nicht Monopoly spielen, sondern mit ihrem Geschäftsgebaren das ihnen anvertraute Geld von Mitgliedern und Einlegern riskieren.
Und Sie leben in einem BaFin-Protektorat
Auch hier wieder: Sie leben in einer sehr sehr seltsamen Parallelwelt.