Genossenschaftsbanken und das Geschäft mit Nichtmitgliedern

Nach Einschätzung von igenos liegt der Anteil der Mitglieder bei den großen Genossenschaften im Durchschnitt unter 50 %. Ein umfangreicher Leistungsaustausch mit Nichtmitgliedern widerspricht der Konstruktion einer Genossenschaft, da sie dadurch teilweise den Charakter einer Erwerbsgesellschaft annimmt und die Mitgliedschaft eine Abwertung erfährt. Gleichwohl existiert das Nichtmitgliedergeschäft nahezu im gesamten genossenschaftlichen Wirtschaftssektor, und in bestimmten Branchen hat man sich an ein umfangreiches „Fremdgeschäft“ gewöhnt.(1) Zwar wird in der Außenkommunikation der Genossenschaften die Mitgliedschaft als Alleinstellungsmerkmal propagiert, doch fehlt es häufig an Bemühungen, dem werbepolitischen Argument des Nichtmitgliedergeschäfts durch die aktive Gewinnung langjähriger Nichtmitglieder Glaubwürdigkeit zu verleihen. Teilweise verschließen sich Genossenschaften auch der Aufnahme neuer Mitglieder. So bleibt das Nichtmitgliedergeschäft ein Dauerthema und Gegenstand kontroverser Diskussionen.

Selbst ein ausuferndes Nichtmitgliedergeschäft wird in der Regel damit begründet, dass es notwendig sei, um neue Mitglieder aus dem Kreis der Nur-Kunden zu gewinnen. Bei einem dauerhaft hohen Anteil der Nichtmitglieder an der Gesamtkundenzahl erscheint diese Absicht jedoch nicht nachvollziehbar. Offenbar wird der Nichtmitgliedskunde immer weniger als potentielles zukünftiges Mitglied gesehen. Denn wo Kundenzahl und Mitgliederzahl weit auseinanderklaffen, ist davon auszugehen, dass dieser Zustand nicht mit der Absicht herbeigeführt wurde, die Nichtmitglieder in absehbarer Zeit in den Mitgliederkreis zu überführen. Im Übrigen würde das Nichtmitgliedergeschäft auch dann seine Bedeutung als Instrument zur Gewinnung neuer Mitglieder behalten, wenn es lediglich ergänzenden Charakter zum Mitgliedergeschäft hätte. Das Nichtmitgliedergeschäft ist vielerorts zu einer „tragenden Säule“ der Geschäftstätigkeit geworden und hat den Rang eines „normalen“ Geschäfts angenommen.

Damit einher geht ein Marketing, das auf nennenswerte Vorteile für die Mitglieder verzichtet, was sich in annähernd gleichen Konditionen für Mitglieder und „Fremdkunden“ ausdrückt. Außer einer Dividende, die ohnehin nur den Mitgliedern zugute kommen kann, sind zeitweise keine „Anreize“ für Mitgliederkunden erkennbar. Durch eine Geschäftspolitik der generellen Kundenorientierung geraten Genossenschaften auf den Pfad der Degeneration, und Mitglieder, die sich mit organisationsfremden Kunden gleichgestellt sehen, fühlen sich schlecht behandelt. Bleibt die wirtschaftliche Bevorzugung der Mitglieder vor allem auf der Ebene der Hauptleistungen aus, tendiert die Genossenschaft zur reinen „Dividendengenossenschaft“. Wird diese nicht als „genossenschaftlich“ anerkannte Kapitalbeteiligungsdividende einer Dividende oder Rückvergütung nach Maßgabe des Geschäftsvolumens mit dem genossenschaftlichen Unternehmen vorgezogen, sehen manche Mitglieder in der Genossenschaft lediglich eine Kapitalanlagestelle. Diese offensichtliche Fehleinschätzung wurde im Rahmen einer CoopGo-Förderprüfung bestätigt.
Vgl. Rolf Steding: Genossenschaftsrecht, Baden-Baden 2002, S. 110. (c) 2017 – 2023 Arbeitsgruppe Cooperative Governance / AG Grundsatzfragen / genoleaks

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