9.Dezember 2023. Unternehmen in der Rechtsform der eG (eingetragene Genossenschaft) haben den gesetzlich verankerten Pflichtauftrag, ihre Mitglieder zu fördern. Dieser Förderauftrag bedeutet, dass anstelle der Gewinnerzielung für das betriebene Unternehmen die Mitglieder die Nutznießer der Geschäftstätigkeit sein sollen. Dies geschieht dadurch, dass die Genossenschaft bei Geschäften der Mitglieder mit ihrer Genossenschaft auf die Erzielung von Gewinnen verzichtet und damit den Mitgliedern zu Einsparungen verhilft. Dieser besondere Zweck gilt auch für Genossenschaften, die unter anderem Bankgeschäfte betreiben.
Zwangsläufig führt die gesetzlich vorgesehene Bevorzugung der Mitglieder dazu, dass eine Genossenschaft eigentlich nur wenig Gewinn erwirtschaften und damit Rücklagen bilden kann. Dies ist bei der Rechtsform Genossenschaft bewusst so gewollt. Genossenschaften sind nicht auf die Bildung von Rücklagen angewiesen. Denn das Eigenkapital der Gesellschaft besteht aus den Geschäftsguthaben der Mitglieder, die ein Recht auf Dividende haben. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften, die ein festes Grundkapital haben und auf Gewinnmaximierung und Rücklagenbildung zur Erhöhung des Eigenkapitals ausgerichtet sind, ist das Eigenkapital einer Genossenschaft veränderlich. Der Gesetzgeber beschreibt dies wie folgt „Zur Eigenkapitalsituation der Kreditgenossenschaften sei zusätzlich bemerkt: die Kreditgenossenschaften haben von allen Kreditinstitutsgruppen die beste Eigenkapitalrelation. Sie sind nicht allein auf die Rücklagenbildung angewiesen. Bei wachsendem Bilanzvolumen können sie ihre Mitglieder zu einer Erhöhung der Geschäftsguthaben veranlassen.“
Diese Erhöhung des Geschäftsguthabens wird von den Mitgliedern in den meisten Fällen gerne angenommen, da sie neben der bereits erhaltenen Unterstützung im Direktgeschäft eine gute bis beste Dividende erhalten.
Dem Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) ist die Förderung der Mitglieder, die Erhöhung der Geschäftsguthaben und damit eine höhere Ausschüttung jedoch ein Dorn im Auge. Beim BVR sind die Sicherungseinrichtung der genossenschaftlichen Finanzgruppe – das älteste Sicherungssystem der Banken in Deutschland – und die BVR Institutssicherung GmbH angesiedelt. Dieses seit Jahrzehnten bestehende Sicherungssystem wurde 2015 in eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 Euro umgewandelt. Um in diese BVR-Institutssicherungs GmbH als Beitragszahler aufgenommen zu werden, mussten die Vorstände und Aufsichtsräte der jeweiligen Volksbanken und Raiffeisenbanken eine „Beitritts- und Verpflichtungserklärung“ unterzeichnen. igenos e.V. hält diese Beitritts- und Verpflichtungserklärung für einen Knebel- und Ermächtigungsvertrag. Neben vielen anderen Verpflichtungen ist damit auch eine Ermächtigung des BVR verbunden, massiv in die Geschäftspolitik einzugreifen, bis hin zur Geltendmachung von Forderungen personeller und/oder sachlicher Art gegenüber den Instituten durch den BVR (Satzung-SE § 16).
Besonderes Augenmerk legt der BVR offenbar auch darauf, dass die gesetzlich geforderte direkte Förderung der Mitglieder unterbleibt, damit stattdessen massive Gewinnthesaurierung und Rücklagenakkumulation zugunsten der Bank, aber auch zugunsten eines so genannten Fonds für allgemeine Bankrisiken betrieben wird. Hier dazu ein interessantes Schreiben an den BVR, das nie beantwortet wurde.
Gerade dies zeigt, dass der BVR kein Interesse an der Erfüllung der gesetzlichen Pflichtaufgabe jeder Genossenschaft hat und den Mitgliedern, die weitere Geschäftsguthaben zur Erhöhung der Eigenkapitalbildung zeichnen wollen, eine damit verbundene höhere Dividendenzahlung nicht gönnen will. Es zeigt auch, dass der BVR als reiner Bankenverband sich selbst und nicht die Mitglieder der ihm angeschlossenen Genossenschaften in den Vordergrund stellt.
Sicherlich hat der BVR bereits erkannt, dass die Rechtsform der eG für das Universalbankgeschäft nicht geeignet ist. Normalerweise hätte der BVR, aber auch die ihm angeschlossenen Genossenschaftsverbände, auf eine Trennung des Bankgeschäfts von der Genossenschaft bzw. auf eine Ausgliederung in eine oder gar nur eine Kapitalgesellschaft drängen müssen. Denn in einer Genossenschaft, die aufgrund der Knebelung durch den BVR ihre Mitgliederförderung nicht mehr erfüllt bzw. erfüllen kann, ist der Zweck nicht mehr auf die Förderung der Mitglieder gerichtet. Nach § 81 GenG droht dann auf Anordnung der zuständigen Landesbehörde die Auflösung der Genossenschaft oder die sofortige Umwandlung in eine andere Rechtsform.
igenos e.V. als einzige Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder in Deutschland wird diese Themen in Zukunft gegenüber der staatlichen Aufsicht und der Politik massiv thematisieren.