Berlin, 23. März 2023 (geno). Der 23. März ist für Deutschlands Genossenschaften ein historisches Datum. Es gleicht dennoch einer schockartigen Warm-Kalt-Dusche. An diesem Tag des Jahres 1889 beschloss der Reichstag, dass die Genossenschaftsmitglieder vor schädlichen Aktivitäten und Dummheiten ihrer Leitungsgremien und Verwaltungsorgane wirkungsvoll zu schützen sind. Das führte vor 134 Jahren im Rahmen der genossenschaftlichen Selbstverwaltung auch zur Gründung der ersten genossenschaftlichen Prüfungsverbände.
Mehr als vier Jahrzehnte später begann ein geradezu diametral gegenteiliger Prozess, indem das Ermächtigungsgesetz vom Deutschen Reichstag vor genau 90 Jahren verabschiedet wurde. Es läutete für die Genossenschaften eine Entwicklung ein, die in der Gleichschaltung der deutschen Genossenschaftsbewegung durch die Nationalsozialisten mündete. Dies wurde 1934 sogar per Gesetz von dem diktatorischen Regime fixiert. Daran hat sich bis in die Gegenwart nichts geändert. Seitdem agierenden Genossenschaftsverbände, denen sich die Genossenschaften per Gesetz anschließen und wirtschaftlich prüfen lassen müssen, überwiegend aus reinem wirtschaftlichen Eigeninteresse. Die Verbände übernehmen hoheitliche Aufgaben und prüfen u.a. die Zulassung von Genossenschaften, mit dem Ergebnis dass die Rechtsform Genossenschaft in Deutschland ein Schattendasein führt.
Die im DGRV Verbund tätigen Verbände versuchen krampfhaft diese Zwangsbewirtschaftung mit allen Mitteln fortzusetzen und definieren sich selbst als genossenschaftlichen Interessenvertretung. Allerdings gelingt dieses immer weniger.
Dafür sorgen auch wachsame, kritische und selbstbewusste Genossenschaftsmitglieder. Inzwischen sind diese auch organisiert und fordern Transparenz, sowie ihre genossenschaftlichen Rechte der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung ein. Die Genossenschaftsorganisation befürchtete inzwischen eine Volksbank Revolution, vor allem wenn die jahrzehntelang bewährte Fusions Praxis gerichtlich in Frage gestellt wird.
www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel. 0176 / 26 00 60 27
1 Kommentar.
Die Einführung von Prüfungsverbänden heutiger Ausprägung passt nicht zur internationalen Genossenschaftsidee. Genossenschaft wird von den Mitgliedern gesteuert und funktioniert somit von Unten. In Deutschland dagegen steuern die Verbände ihre Vorstände und tauschen diese bei Missfallen auch aus. Dieser Steuerungsmechanismus wurde 1934 durch die Einführung des Führerprinzips gestärkt. Damit wurde der Genossenschaftsgedanke in Deutschland zur schlechten Parodie. Anklingelnde Warnungen der Genossenschaftswissenschaft wurden überhört, denn die Finanzierung der genossenschaftlichen Institute erfolgt über die DZ-Bank Stiftung.