Bei einer Verschmelzung von zwei oder mehr Genossenschaftsbanken erfolgt stets die Übertragung des Bankgeschäftes und zusätzlich das gesamte, während des Bestehens der übertragenden Genossenschaft angesammelte Vermögen an die aufnehmende Genossenschaftsbank über. Die Mitglieder erhalten keinerlei Entschädigung, ihre Mitgliedschaft geht zusammen mit ihren Geschäftsguthaben auf die aufnehmende Genossenschaft über.  Gegen dieses seit Jahrzehnten praktizierte Vorgehen bei der Zusammenführung von Bankgeschäften wenden sich derzeit mehrere vor Gericht anhängende Spruchverfahren nach § 15 UmwG. Ein von igenos begleiteter Musterprozess wird inzwischen vor dem BGH verhandelt.

Zum Hintergrund: Der Anteilstausch nach dem Nominalwertprinzip ist umstritten, denn es geht auch anders. Zum Beispiel durch einen Rechtsformwechsel. (hier vom DGRV praktiziert) Das für Verschmelzungen maßgebliche Umwandlungsrecht, kennt neben der Verschmelzung noch weitere Möglichkeiten, u.a. die Möglichkeit der Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung). Wenn es gelingt diese Alternativen den betroffenen Mitgliedern zu vermitteln, gibt es einen Aufstand. Eine Volksbank-Revolution.

Frau Dr. Andrea Althanns, die ehemalige Chefsyndika des Genossenschaftsverbandes Bayern e.V.  bringt es im Genossenschafts-Handbuch treffend auf den Punkt.

„Systematisch handelt sich bei der Spaltung um einen zur Verschmelzung parallelen Vorgang. Bei der Auf- und Abspaltung kommt es zu einer partiellen Verschmelzung, also zu einer Verschmelzung von Vermögensteile des übertragenden Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch bereits vorhandene oder neue Rechtsträger.“

Die Spaltung ist in § 123 UmwG geregelt. Interessant dabei sind die in den Absätzen 2 und drei aufgeführten Möglichkeiten der Abspaltung bzw. Ausgliederung.  Der Vorteil bei diesen beiden Möglichkeiten liegt darin, dass die Existenz der übertragenden Genossenschaft erhalten bleibt, ebenso bleiben die Mitglieder weiterhin Mitglieder der übertragenden Genossenschaft. Bei der Abspaltung erhalten die Mitglieder für das übertragene Vermögen Anteile an der aufnehmenden Genossenschaft, während bei der Ausgliederung diese die übertragende Genossenschaft selbst erhält.

Behauptet wird seitens der Genossenschaftsorganisation, bei einer Verschmelzung hätten die Mitglieder keinen Anspruch auf das übertragene Genossenschaftsvermögen, dies würde angeblich auch auf die Abspaltung (§ 123 Abs. 2 Nr. 1) zutreffen. Diese Ansicht vertritt auch Frau Dr. Althanns. Wegweisende Urteile dazu gibt es (noch) nicht. 

Auf eine Ausgliederung allerdings trifft diese Ansicht nicht zu.  Da bei der Ausgliederung eine Anteilsgewährung an die übertragende Genossenschaft selbst erfolgt, „ist für die Gegenleistung und damit für die Höhe der Beteiligung an dem aufnehmenden Rechtsträger (auch, wenn es sich um eine Genossenschaft handelt) der tatsächliche Wert des übertragenen Vermögens ausschlaggebend.“(Althanns in Genossenschafts-Handbuch, 4500 §§ 123–148 Rnr 23) 

Das heißt, wenn anstelle einer Verschmelzung, die nur wegen der Zusammenlegung der Bankgeschäfte erfolgt, eine Ausgliederung des Bankgeschäftes zusammen mit einem Teil (z.B. könnten Grundstücke und Gebäude behalten werden) oder des gesamten Vermögens  an die aufnehmende Genossenschaft erfolgt, erhält die übertragende Genossenschaft Anteile an der aufnehmenden Genossenschaft in voller Höhe des übertragenen Vermögens. Und deren Mitglieder können weiterhin selbst über die Geschicke ihrer Genossenschaft entscheiden.

Die Satzung jeder Genossenschaft enthält als einzigen Zweck den Auftrag zur Förderung ihrer Mitglieder.  Und zwar nur dieser.

Aber wo werden die Mitglieder mehr gefördert. 

  1. Bei einer Verschmelzung, bei der sie ihre eigene Genossenschaft und deren Vermögen verlieren, auch noch zu Mitgliedern einer anderen Genossenschaft gemacht werden und von deren Entscheidungen künftig abhängig sind, oder
  2. bei einer Ausgliederung, bei der sie ihre eigene Genossenschaft und deren Vermögen behalten, auch weiterhin Mitglieder bleiben und vollkommen frei über die Geschicke ihrer Genossenschaft selbst entscheiden können.

Georg Scheumann, https://wegfrei.de

Unser Autor Georg Scheumann ist genossenschaftlicher Bankbetriebswirt, Bankvorstand a.D., und igenos Vorstand.
Die GenoNachrichten vom 20.03.2023. (Genossenschaftsbanken Fusion und Haftungsfragen) sowie vom 17.03.2023 (Behandlung des Genossenschaftsvermögens im Fall einer Fusion) befassen sich ebenfalls mit der BVR (Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken) Fusionspolitik.

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