Ruhe vor dem Sturm – Berlins Wohnungsgenossen in Habacht

Berlin, 3. Februar 2023 (geno). Berlins Genossenschaftslandschaft steht vor einem Umbruch. Das neue Jahr lässt die Wohnungsgenossen Habacht-Stellung beziehen. Die Ausgangslage wird in dem aktuellen Sachstandsbericht geschildert, den Ralf Hoffrogge und Stephan Junker in einer Schrift unter dem Titel „Wie Vergesellschaftung gelingt – Zum Stand der Debatte“ vorgelegt haben. Es geht um das Enteignen von Wohnungskonzernen und den Aufbau einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Der unsozialen und Stadt zerstörenden Profitmacherei in der Wohnungswirtschaft der Bundeshauptstadt soll der Garaus gemacht werden. Wohnungsbaugenossenschaften könnten dabei zum Zünglein an der Waage werden.

Eine entscheidende Frage wurde mittlerweile überraschend zugunsten der Enteignungsbefürworter vorab beantwortet. Es betrifft die Höhe der Entschädigungssummen. Dazu hat die Vorsitzende der von Berlins Regierung eingesetzten Sonder-Kommission, Herta Däubler-Gmelin, das Ergebnis einer vorläufigen Prüfung mitgeteilt. Daraus geht hervor, dass diese Geldsummen in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz durchaus unerwartet nierdrig ausfallen können und dürfen.

Berlin steht ein offener und substanzprägender Prozess bevor. Dazu fassen die beiden Autoren zusammen: „Ein vergleichbares Unterfangen hat es in der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Die Intiative Deutsche Wohnen & Co enteignen hat daher eigene Modelle zur Umsetzung entwickelt.“ Unstrittig sei dabei, dass die Vergesellschaftung verfassungskonform ist und sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes stützen kann. Offen sei allerdings die Ausgestaltung. Hier gebe es zahlreiche Fragen an die Politik, die Expertenkommission des Berliner Senats und an die Öffentlichkeit. Sie seien zu diskutieren. Der Sammelband ebne dazu den Weg.

Genossenschaftslösungen sind heiße Kandidaten, um dieses Kardinalproblem vor allem großstädtischer Gesellschaften dauerhaft zu beheben. Damit wird mit dem generellen Missverständnis und der Befürchtung aufgeräumt, das gigantische Projekt würde auch für bereits existente Wohnungsgenossenschaften das Aus bedeuten. Dass diese Befürchtung in genossenschaftlichen Vorständen und Aufsichtsräten überhaupt besteht, zeigt: Die Genossenschaftsidee hat die Gedankenwelt vieler kooperativer Verantwortungsträger längst verlassen und ist in fast jeder Beziehung dringend zu reanimieren. ++ (wg/mgn/03.02.23 – 014)

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