Pristina, 29. Januar 2022 (geno). Das Gedankengut der Selbstverwaltung und des Genossenschaftswesens feiert im ehemaligen Jugoslawien erneut fröhliche Urständ‘. Einem neuen Trieb dieser seinerzeit erfolgreichen auf Arbeiterautonomie basierenden Wirtschaftsweise sind auch die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Serbien und Kosovo zuzuschreiben. Die in vielerlei Hinsicht bestehende Furcht vor dem drohenden Verlust kommunaler, regionaler und administrativer Autarkie hat dazu beigetragen, dass Ethnien und Bevölkerungsgruppen der ehemaligen föderativen Republik Jugoslawien in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in Streit geraten.
Die Serben fordern nun, die vor zehn Jahren in Brüssel ausgehandelte serbische Gemeindeverwaltung in Kosovo zu installieren. Die derzeitige Regierung in Pristina lehnt das Vorhaben wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab. Im Grunde wird befürchtet, dass die Serben zu viel Macht erhalten. Es könne eine Art Republika Srpska wie in Bosnien-Herzogewina entstehen. Momentan existieren im kosovarischen Norden vier serbische Gemeinden und im vorwiegend albanischen Süden sechs serbische Enklaven. Die Bewohner dieser Siedlungen leben friedlich miteinander und ihrer Umgebung.
Nach Auffassung des ehemaligen Leiters der Rosa-Luxemburg-Stiftung für Südost-Europa in Belgrad, Boris Kanzleiter, hatte Jugoslawien seinerzeit den „Sprung von einem peripheren Agrarland zu einer relativ modernen Industrienation“ geschafft. Er schlussfolgert: „Diese Erfolge wurden in den Kriegen der 1990er Jahre weitgehend zerstört. Es ist daher kein Wunder, dass nach aktuellen Umfragen 81 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, dass sie im Sozialismus besser gelebt haben als heute“.
Bei den damaligen militanten Auseinandersetzungen handelte es sich um einen dem Völkerrecht widersprechenden Konflikt, den die NATO ausgelöst und an dem sich Deutschland beteiligt hatte. Höhepunkte dieses Krieges waren zweifellos die schweren Luftangriffe der NATO auf die Metropole Belgrad. ++ (ks/mgn/29.12.22 – 232)
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