Unser Autor ist Genossenschaftsberater. Frank Giebel befasst sich in seinem Blog regelmäßig mit dem Wohnen in Genossenschaft. Die GenoNachrichten haben das Thema aufgegriffen, denn die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Wohnungsbau in Deutschland zu stärken. Es wurde mit der Immobilienwirtschaft und unter Einbeziehung weiterer gesellschaftlicher Interessenvertreter ein Bündnis für wohnen als „zentrale Kooperationsplatttform“ wie es in der Selbstbeschreibung heißt ins Leben gerufen [1] Das Hauptziel ist, dass in Deutschland pro Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden sollen.
Ein Vorläufer für diese Vorgehensweise waren die Bündnisse für Wohnen in Hamburg zwischen der dortigen SPD-geführten Regierung und der örtlichen Immobilienwirtschaft (siehe hierzu Kommentar).
Mit dem Selbstanspuch „zentrale Kooperationsplattform“ wird einer starker Zentralisierung unter staatlicher Führung und Moderation nicht nur das Wort geredet, sondern sie wird in die Tat umgesetzt. Das Vertrauen, dass Angebot und Nachfrage im bei uns eigentlich akzeptierten Grundkonsens des Ordnungsrahmens der sozialen Marktwirtschaft (die allerdings zu einer ökologisch-sozialen Makrtwirtschaft orndungspolitisch weiterentwickelt werden müsste) zueinander finden und die Bedarfe nach Wohnraum decken, ist nicht vorhanden. Wenn es vorhanden wäre, müsste man seitens der Politik nicht tätig werden. Auch zivilgesellschaftlichen Initiativen wie Wohnungsgenossenschaften wird offenkundig nicht zugetraut, hier aus eigener Kraft einen wesentlichen Unterschied zu machen. Statt dass die Politik ihre Hausaufgaben macht und den Ordnungsrahmen verbessert, indem sie zum Beispiel die externen Umweltkosten (CO2) angemessen bepreist, baurechtliche Vorschriften auf Länderebene vereinheitlicht, ökologischeres Bauen ermöglicht (zum Beispiel über den Abbau gesetzlicher Vorgaben zu unnötig dicken Decken) und die Genehmigungsprozesse verschlankt und beschleunigt, will sie Produktionsmengen vorgeben. Staatliche Planmengen wurden im staatlichen Sozialismus der Sovjetunion und der DDR gemacht und können in einer Marktwirtschaft genauso wenig Teil der Lösung sein wie staatliche Preissetzungen. Auch das versuchte die SPD in Berlin in einer Koalition mit der Linkspartei und den Grünen mit dem Mietendeckel, bis das Bundesverfassungsgericht dies stoppte (siehe hier).
Es wird in den öffentlich einsehbaren Unterlagen des Ministeriums der tatsächliche Bedarf nach Wohnungen nicht hergleitet. Das Statistische Bundesamt gibt an, dass sich je Einwohner die Wohnfläche vom Jahr 2010 bis ins Jahre 2020 um durchschnittlich 2,4 Quadratmeter erhöht hat auf durchschnittlich 47,4 Quadratmeter. (siehe hier). Das heißt, in Summe ist nicht zu wenig Wohnraum vorhanden. Wahrscheinlich liegt das Problem eher in der Verteilung. Insoweit ist das Bündis für Wohnen ein Zeichen für Vermeidungsverhalten seitens der Politik. Man will der eigenen Wählerklientel nicht weh tun und propagiert lieber plakative statt sachgerechte Lösungen, die sich weniger leicht kommunizieren lassen und von allen verlangen, auch ihre eigenen Ansichten und bisherigen Überzeugungen auf den Prüfstand zu stellen. Solange man aber nicht CO2 neutral bauen kann und solange man weitere Naturflächen zerstört durch Bauen auf der Grünen Wiese wie beispielsweise von der SPD-geführten Regierung in Hamburg mit dem Neubaugebiet Oberbillwerder, schadet man mehr, als dass man nutzt. Viel besser wäre es den ordnungspolitischen Rahmen zu stärken. Die Immobilienwirtschaft sollte Programme initieren, die Menschen darin unterstützt, Wohnraum besser untereinander zu verteilen. Wenn Mieten bei Neuvermietungen erhöht werden, bleiben Mieter in größeren Wohnungen wohnen nach Auszug der Kinder, da sich der Umzug in eine kleinere Wohnung finanziell nicht lohnt (siehe hier).
Laut statistischem Bundesamt (siehe link oben) gab es in Deutschland 2020 42,8 Millionen Wohnungen. Wenn durch bessere Wohnraumnutzung nur 5% der Wohnungen frei würden, wären das 2,14 Millionen Wohnungen, die neu vergeben werden könnten. Das würde dem Bauziel an neuen Wohnungen des Bündnisses für Wohnen von über 5 Jahren entsprechen, ohne dass außer den Umzügen eine ökologische und ökonomische Belastung entstünde!
Man muss den Leuten die Wahrheit zumuten. Wir leben auf einem endlichen Planeten und müssen unseren Wohnbedarf besser organisieren. Ein immer mehr kann nicht die Lösung sein. Es gibt sehr kluge und praxisnahe Vorschläge, wie die von Daniel Fuhrhop (siehe hier). Die Politik sollte darauf achten, dass ihre Rahmenbedingungen und ihr eigenes Handeln dem nicht entgegen stehen sondern lieber gute Vorschläge fördern wie eine effiziente Wohnraumnutzung.
Frank Giebel, Hamburg. Den vollständigen Beitrag finden Sie hier.