Ist die Fusionspolitik des BVR heute noch vertretbar? Und welche Interessen haben die Mitglieder der Volksbanken und Raiffeisenbanken? Bekanntlich hat die Digitalisierung das Bankgeschäft neu definiert und ganz nebenbei auch das Alleinstellungsmerkmal der staatlich geprüften Geldverleihers abgeschafft. Das alte Monopol auf Zahlungsabwicklung und Finanzierungsdienstleistungen gibt es nicht mehr. Vieles hat sich geändert.
Nicht verändert hat sich hingegen die Unternehmensstrategie des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken BVR. Sie stammt aus dem vergangenen Jahrhundert, als das Internet noch keine wirtschaftliche Rolle spielte und der Mobilfunk einer kleinen Elite vorbehalten war.
Damals wurde vom Dachverband der Volks- und Raiffeisenbanken BVR der Rückzug aus der Fläche beschlossen, was mit anderen Worten eine Strukturbereinigung im genossenschaftlichen Bankensektor bedeutet. Stark betroffen waren vor allem die ländlichen Regionen. Die Umsetzung wurde an die genossenschaftlichen Prüfungsverbände delegiert, die im streng hierarchisch gegliederten genossenschaftlichen Verbandswesen auch die direkte Steuerungs- und Kontrollfunktion der Genossenschaftsbanken übernahmen.
Diese Flächenbereinigung bis heute von den Verbänden fortgesetzt, auch wenn die BVR Verbandspolitik nicht der Interessenlage der legitimen Eigentümer der Genossenschaft entspricht. Immer häufiger wollen die Genossenschaftsmitglieder ihre Bank behalten. Vor allem die älteren Mitglieder legen Wert auf einen persönlichen Service vor Ort. Letztlich folgen die Mitglieder dann häufig aber mehrheitlich den Empfehlungen des Prüfungsverbands, denen sich Vorstand und Aufsichtsrat angeschlossen hatten. Diese Vorgehensweise funktioniert aber nur, weil den Mitgliedern andere Lösungsansätze bewußt verheimlicht werden.
Dabei gibt es Alternativen zur bisherigen Fusionspolitik: Die Genossenschaft und ihr Vermögen bleibt den Mitgliedern erhalten während das Bankgeschäft ausgegliedert wird. In der Praxis bleibt damit ein persönlicher Ansprechpartner vor Ort sowie der Geldautomat erhalten und es wird lediglich die Verwaltungsarbeit digitalisiert und zentral und kostengünstig in einem gemeinsamen Rechenzentrum erledigt. Für Firmenkunden und Großkredite ist nun eine genossenschaftliche Zentralbank zuständig, die in jeder Metropolregion eine Niederlassung hat. Eigentümer der Zentralbank sind die regionalen Genossenschaften bzw. deren Mitglieder.
Mit dieser Vorgehensweise könnte das Sterben der kleineren Banken aufgehalten werden, die Regionen würden gestärkt, die Mitglieder würden sich wertgeschätzt fühlen und die Strukturen würden dennoch an den gesellschaftlichen Wandel angepasst. Auch technisch wäre diese Strategie relativ einfach umsetzbar. Sie hat nur einen Haken: Sie passt nicht in die aktuelle, im letzten Jahrhundert beschlossene Strategie des BVR – dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken.
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