Den nachstehenden Beitrag haben wir mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Branchen Newsletter bank-intern übernommen. Teil 1 befasst sich mit dem digitalen Wandel, der vor allem das klassische Bankgeschäft der im BVR Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken organisierten Genossenschaftsbanken betrifft. Diese rechtlich selbstständigen Genossenschaften werden zu immer größeren Einheiten verschmolzen. Wir fragen uns ob, diese im vergangenen Jahrhundert entwickelte BVR Unternehmensstrategie wirklich noch in unsere digitale Welt passt.
„Morgen kann kommen“. Aber morgen wird der Traum der wenigen überregionalen VR-Regionalbanken endgültig ausgeträumt sein. Es ist an der Zeit, aufzuwachen. Ohne eine radikale Änderung der strategischen Ausrichtung verschlafen die Genossenschaftsbanken nicht nur den Anschluss an die schöne neue FinTec-Welt, sie riskieren auch ihre Existenzberechtigung als Rechtsform. Dieser igenos-Beitrag versteht sich als Weckruf und richtet sich an die betroffenen Genossenschaftsorgane, aber auch an die verantwortliche Prüfungsverbände und deren für die Qualitätssicherung zuständige Aufsicht. (siehe hierzu §§ 63 f und g GenG)
Sprechen wir zunächst von der Rechtsform. Die vom BVR vorgegebene Fusionspolitik war zu keinem Zeitpunkt mit den Interessen der Genossenschaftsmitglieder vereinbar. Die Strukturbereinigungen wurde am grünen Tisch beschlossen und mit Unterstützung der BaFin durchgesetzt. Die Ergebnisse widersprechen den Grundsätzen der genossenschaftlichen Teilnahme und Teilhabe. Die „Druckfusionen“ waren nicht mit der Rechtsform Genossenschaft zu vereinbaren. Das Märchen von den sinkenden Erträgen in der Niedrigzinsperiode als Antrieb für Fusionen, lässt sich zuletzt anhand der milliardenschweren Rückstellungen in den „Fonds für allgemeine Bankrisiken“ widerlegen. Auch dem vielzitierten europäischen Regelwerk hat sich der BVR selbst unterworfen. Eine lokale Genossenschaftsbank braucht weder mit Aktien noch mit Derivaten zu handeln. Diese Geschäfte kann die Bank im genossenschaftlichen Verbund vermitteln und von den Synergieeffekten einer Zusammenarbeit profitieren. Aber das ist nur ein Teil. Es geht um die rasante Entwicklung des Marktumfeldes, den Wertewandel hin zur digitalen Filiale und den damit verbundenen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel. Es geht um ein schnell wachsendes digitales Ökosystem und einen sich immer weiter verkürzenden Produktlebenszyklus mit immer schnelleren „time to market“ Intervallen. Digitale Plattformen der FinTechs übernehmen die komplette Auftragsbearbeitung standardisierter Bankprodukte. Entscheidungen werden auf der der Basis von Algorithmen und Big Data getroffen.
Darum die Frage: Sind die Strategien von gestern die passende Antwort auf den digitalen Wandel, die Welt von morgen? „Retail Banking goes digital“. Die digitale Transformation vereinfacht und beschleunigt den Zahlungsverkehr und bringt neue „Global Player“ ins Spiel, die systemfremd sind. Paypal ist als eine Tochter der Handelsplattform Ebay gestartet. Apple hat mit Apple Pay ein eigenes Bezahlsystem. Kleine alternative Bezahlplattformen, wie Circle, oder Kryptohandelsplattformen, wie Coinbase, entwickeln sich rasant. Ein Zauberwort heißt zudem Blockchain. Die Bank wird zum Fremdwort..
Das Geschäftsmodell Genossenschaftsbank befindet sich am Scheideweg. Es geht und das große Ganze, den kooperativen Wandel. Genossenschaftsbanken müssen sich auf die Genossenschaftsidee zurückbesinnen, welche die Bedürfnisse des Genossenschaftsmitgliedes vor Ort befriedigen. igenos fordert einen sofortigen radikalen Kurswechsel und den Stopp der unsinnigen Zusammenführung vieler kleinerer Bankgenossenschaften zu immer größeren Milliardenbanken. Größe ist nicht die richtige Antwort auf die digitale Transformation. Im Gegenteil. Das Wundermittel für das genossenschaftliche Marktwesen heißt Kooperation, schlanke Strukturen und ein neuer, genossenschaftlich geprägter Führungsstil.
Die Fortsetzung des Beitrags mit dem Titel: „Bürgergenossenschaften als Alternative zur Bankenfusion“ finden Sie hier.
Autor: Gerald Wiegner, igenos e.V. Interessenvertretung der Genossenschaftsmitglieder
1 Kommentar.
[…] müssen sich von den Genossenschaftsmitgliedern vorwerfen lassen, vorrangig ihre eigene, übergeordnete Verbandsstrategien durchsetzen zu wollen. Die Verbände schrecken auch nicht davor zurück, Vorstand und […]