Investition in Genossenschaftsanteile: Eine gute Geldanlage?

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Eine igenos Fallstudie. 1985 erben ein 27-jähriger Mann und seine 28- jährige Schwester von ihren Großeltern die Summe von umgerechnet je 25.000 Euro. Sie entscheiden sich, diese Summe anzulegen. Ein Bekannter empfiehlt, diese Summe an der Quelle des Vermögens anzulegen. Das hört sich gut an, spricht die junge Frau, aber was bitte ist die Quelle des Vermögens? Ganz einfach, sagte der Bekannte, das sind in unserer Marktwirtschaft Unternehmen, die Umsatz machen und daran gut verdienen. Versiegen kann die Quelle nicht, denn es wird immer Firmen geben, welche die Bedürfnisse der Menschen befriedigen. Er rät dazu, das Geld in seiner Elektrofirma anzulegen. Natürlich wird es mal gute und mal schlechte Jahre geben, aber als einzige Elektrofirma am Ort wird das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich am Markt agieren. 

Die Geschwister sind aber vorsichtig und gehen zu ihrer Hausbank, einer Raiffeisenbank. Sie empfiehlt, die Anteile bei ihnen als Geschäftsanteile anzulegen. Dann wären die Geschwister Miteigentümer der Bank und das Risiko würde durch die Sicherungseinrichtungen der Genossenschaftsbanken abgesichert. Dazu gäbe es jedes Jahr eine Dividende. Der Bruder schlägt ein.

Die Schwester spricht dagegen noch einmal mit dem Bekannten und erzählt, was die Bank geraten hat. Das alles hast Du bei uns auch, sagt ihr Bekannter, bei uns bist Du genauso Eigentümer wie Dein Bruder und hast die gleichen Rechte als Miteigentümer. Vielleicht machen wir in den ersten Jahren nicht so hohe Gewinne wie die Bank, aber ich bin überzeugt, unsere Elektrofirma wird ein gutes Geschäft für uns beide werden. Und ein gutes Essen und eine jährliche Dividende erhältst du auch von uns. Sie schlägt ein.

Nach 35 Jahren möchten sich die beiden Geschwister zur Ruhe setzen. Beide Firmen haben sich gut entwickelt und sind in ihrem Wert gestiegen. Sie möchten sich daher ihre Anteile auszahlen lassen. Es wird Sie nicht überraschen, was nun kommt: 

Die Anteile der Schwester sind laut Bilanzsumme inzwischen 550.000,00 Euro wert, da der Wert aller Anteile auf 1,1 Millionen Euro gestiegen ist. Sie kann sich von dem Geld jetzt 30 Jahre lang jeden Monat 1500,00 Euro auszahlen, bis das Geld verbraucht ist. 

Auch die Anteile des Bruders sind inzwischen auf einen Wert von 525.000,00 Euro gestiegen. Zumindest auf dem Papier: Die gesamten Geschäftsguthaben der Bank betragen 1.200.000,– €, der Bruder besitzt 25.000,– € davon, also steht ihm ein Anteil von 1/48 oder 2,09 % der Bank zu. Aus der Passivseite der Bilanz ermittelt er das gesamte Vermögen der Raiffeisenbank (P11 + P12) und ermittelt eine Vermögen von 25.200.000,00 €. Davon gehören ihm 1/48, das wären  525.000,00 €.  

Er kündigt nun seinen Miteigentumsanteil, um, wie seine Schwester, mit seinem Vermögen den Ruhestand zu genießen. Und bekommt 25.000 Euro ausgezahlt. Denn die Wertsteigerung seines Anteils behält die Bank, darauf hat er keinen Anspruch, erläutert ihm der Bankmitarbeiter. So steht es schließlich in der Satzung: Wer seinen Anteil kündigt, bekommt seinen Anteil ausbezahlt. Und das sind nur die 1985 investierten 25.000 Euro. 

Welche Meinung der Bruder nach Erwachen aus seiner Schockstarre über die Raiffeisenbank kundgetan hat, ist nicht überliefert.
Der Autor Georg Scheumann ist genossenschaftlicher Bankbetriebswirt und Bankvorstand a.D.; Vorstand igenos e.V.