Berlin, 23. April 2021 (geno). Vor dreißig Jahren wurde dem Vorgänger des DEGP (Deutsch Europäischer Genossenschafts- und Prüfungsverband) ehemals pvdp (Prüfungsverband deutscher Produktivgenossenschaften e.V. ) vom damals liberal aufgestellten Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt das Prüfungsrecht verliehen.
So entstand in Deutschland erstmals eine (verbandliche) Wahlfreiheit für Genossenschaften und das bestehende Raiffeisen Regionalprinzip wurde erfolgreich aufgebrochen. Es waren die ostdeutsche Genossenschaften des Handwerks, deren Vorstände und Mitglieder die Basis für den inzwischen bundesweit tätigen genossenschaftlichen Prüfungsverband legten. Ein Blick zurück.
Nach der deutschen Wiedervereinigung überlebte in Ostdeutschland nur jede siebente Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) und ist in der Rechtsform Genossenschaft verblieben. Das geht aus Untersuchungen des Instituts für Genossenschaftswesen an der Berliner Humboldt-Universität hervor. Das ist umso erstaunlicher, weil noch im März 1990 Ministerpräsident Hans Modrow die steuerliche Diskriminierung dieser DDR-Handwerksgenossenschaften aufgehoben hatte. So wurden Selbstverwaltung und Eigentumsrechte dieser Genossenschaften wieder vollständig garantiert. Allerdings gibt der Einigungsvertrag zwischen DDR und BRD keine klare Zusicherung über den Fortbestand des ostdeutschen Genossenschaftssektors, obwohl das vom Institut für Genossenschaftswesen dringend empfohlen worden war. „Dies wäre nicht nur angesichts der wirtschaftlichen Schwäche der ostdeutschen Wirtschaft nach der Vereinigung der beste Weg, sondern könnte auch dem erstarrten Genossenschaftswesen in der alten Bundesrepublik neuen Auftrieb verleihen“, offenbarte das Genossenschaftsinstitut seinerzeit.
Die erste PGH der DDR wurde am 21. Juli 1952 in Ostberlin von acht Stukkateuren gegründet. Im Jahr 1958 wurde der genossenschaftliche Handwerkssektor zunächst von Steuerzahlungen befreit. Das entsprechende Gesetz löste eine regelrechte Beitritts- und Gründungswelle aus. Bis Anfang 1960 gab es bereits 3.302 Handwerkergenossenschaften mit 106.000 Mitgliedern. Im Jahr 1962 wurde die Steuerbefreiung auf zwei Jahre nach einer PGH-Gründung begrenzt. Dennoch galt diese Zeit als goldenes Jahrzehnt. Weiterer Aufschwung wurde registriert. Genossenschaftshandwerker verdienten mehr Geld als Beschäftigte der volkseigenen Industrie. Zusatzgewinne mussten mindestens zu 30 Prozent an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Später – im Jahr 1973 – wurden die ostdeutschen Handwerksgenossenschaften mit Hilfe eines neuen Musterstatuts stärker an die zentral gelenkte Wirtschaft gebunden.
Heute im Jahr 2021 zeichnet sich dagegen eine weitere Wende ab. Immer mehr Handwerker besinnen sich auf die Rechtsform Genossenschaft. So konnte der DEGP im Jahr 2021 z.B. eine Gebäudereiniger Genossenschaft und die mehr als als 150 Genossen umfassende WTF Werkskooperative der Technikfreundinnen als Neumitglieder begrüßen. Die umfangreiche coopgo Gründungsberatung erfolgte digital mit dem hauseigenen Video-Konferenzsystem der DD-eG. Auch die Datenschutzgenossenschaft ist Mitglied im DEGP.
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