Potsdam/Neustadt (Dosse), 29. Januar 2021 (geno) Der Landtag von Brandenburg hat Mitte dieser Woche in Potsdam einen schwerwiegenden Beschluss zur Rückgabe von Grund und Boden an zumeist ehemalige DDR-Genossenschaftsbauern getroffen. Sie hatten infolge des Zweiten Weltkriegs und der von der sowjetischen Besatzungsmacht angeordneten Bodenreform Agrarland in erheblichem Ausmaß als Eigentum zugesprochen bekommen. Nach der politischen Wende in der DDR hatte sich das Land Brandenburg in den juristischen Wirren diese gigantischen Grundvermögen, die vom Umfang her größer als das Territorium des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern sind, illegal angeeignet. Diese Klassifikation traf erst der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2007, der die Vorgänge in den nunmehr vergangenen dreißig Jahren als „eines Rechtsstaates für unwürdig“ bezeichnete. Jetzt müssen in Brandenburg mehr als drei Millionen Hektar Land an die ursprünglichen Eigentümer bzw. deren Erben rückerstattet werden.
Dieses juristische Fiasko dürfte in einer tsunamiartigen Vermögensschleuse münden, deren Fluten sich demnächst über ganz Ostdeutschland ergießen dürften. Es geht um mehr als ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Produktionsfläche in der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Der Grund und Boden wurde seinerzeit vielen ostdeutschen „Neubauern“ übereignet. Es waren Vertriebene und landlose Bauern, die sich ab 1950 zu „Liefergemeinschaften“ zusammengeschlossen hatten. „Diese wurden zunächst von der DDR-Führung verboten, doch wenig später auf Druck der Sowjetunion zum Modell für staatlich geförderte Zusammenschlüsse in sogenannte ‚Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) erklärt“, definiert die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).
Es hat sich also ein kompliziertes Geflecht genossenschaftlichen Eigentums und Vermögens gebildet, das nun gerecht auseinander gepflückt werden muss. In Brandenburg soll dazu eine konkrete Ansprechstelle in Potsdam eingerichtet werden, an deren Zustandekommen und Funktionstüchtigkeit die in Neustadt (Dosse) ansässige Aktionsgemeinschaft für Recht und Eigentum (ARE) massgeblich beteiligt sein soll. Das sieht ein Vier-Punkte-Programm der Brandenburger Landesregierung vor. Darin ist auch der Einsatz professioneller Erbenermittler vorgesehen.
ARE-Vorsitzender Manfred Graf von Schwerin wies darauf hin, dass die Problemlösung in den vergangenen 13 Jahren geradezu bewusst von den Brandenburger Behörden verschleppt worden ist. ++ (im/mgn/29.01.21 – 012)
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Die GenossenschaftsNachrichten haben sich mehrfach mit dem Thema LPG Abwicklung und den damit verbundenen Eigentumsfragen befasst.