Bautzen, 26. Juni 2020 (geno). Die dritte Enteignung der DDR-Genossenschaftsbauern ist im vollen Gange. Unter dem Deckmantel des Rechtsstaates winkt die deutsche Justiz mit widersinnigsten Begründungen und in kreativer Willkür den Raubzug bäuerlichen Grundeigentums verantwortungslos durch die gerichtlichen Instanzen. Erste Widerstände – von zaghaft bis energisch – tauchen spät auf, wenn solche Fälle dem Bundesgerichtshof (BGH) anvertraut werden.
Klare Indizien für diese Besorgnis erregende Entwicklung erläutert am Donnerstag der Agrarexperte und Jurist Dr. Dr. Winfried Schachten in einem Gespräch mit den GenoNachrichten in Bautzen. Das von der Politik, den Behörden und den Juristen in Gang gesetzte Drama rund um die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), werde systematisch betrieben – und zwar im Widerspruch zur Rechtslage und zu den bestehenden Gesetzen. Das führe nun zu dem himmelschreienden Unrecht gegenüber der Enkel- und Urenkelgeneration der Mitglieder ostdeutscher Agrargenossenschaften.
Derzeit von Schachten geführte Boden- oder Flurneuordnungsverfahren zeigen, dass das 1990 erlassene Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) und das Genossenschaftsgesetz mit Füßen getreten werden. Er schreibt in einem Schriftsatz: „Der Skandal bei der Vermögensauseinandersetzung mit dem LPG’en nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz war, dass schon während der Zeit nach der Wende die Bundesregierung, die Volkskammer, die Vorsitzenden der LPG’en und der Bauernverband ganz offensichtlich ausgemacht hatten, höchstens 20 Prozent des bäuerlichen Vermögens zurückzugeben, um die Großbetriebe zu erhalten. Ohne die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) wäre das auch durchweg geglückt.“
Anlässlich eines seiner brandaktuellen Fälle weist Schachten – adressiert an die ausgeschiedenen LPG-Mitglieder und deren Erben – darauf hin, „dass mit der Vorgehensweise der LPG-Nachfolgebetriebe die dritte Enteignung an den Enkeln und Urenkeln der zwangskollektivierten Bauern vonstatten geht.“ Das geschehe dadurch, dass die Nachfolgebetriebe versuchen, die Geschäftsguthaben der ausscheidenden Genossen mit den eingebrachten Einlagen gleichzusetzen. „Das ist natürlich eine völlig sittenwidrige Täuschung“, so Schachten. Er zeigt das gerade bei einer Agrargenossenschaft beispielhaft auf. Der versierte Jurist weist ausdrücklich darauf hin, dass auch heute noch eine rechtmäßige Vermögensauseinandersetzung möglich ist, indem das zuständige Registergericht einen Liquidator bestellt. ++ (lw/mgn/26.06.20 – 099)
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