Solawi Höfe die Solidarische Landwirtschaft boomt

Hamburg/Berlin, 11. Juni 2020 (geno). Mindestens 280 Solawi Höfe gibt es in Deutschland. Sie versorgen 20.000 bis 50.000 Haushalte mit Kartoffeln, frischem Gemüse, mit Käse, Obst, Marmelade und Fleisch. Genauere Zahlen liegen derzeit nicht vor.

Hinter dem Kürzel „Solawi“ verbirgt sich der Begriff „Solidarische Landwirtschaft“. Darüber informierte der Deutschlandfunk am Mittwochabend. Grundgedanke ist, dass sich ein Landwirt mit einer Gruppe von Menschen aus der Stadt verbündet und seine komplette Ernte an sie ausliefert. Eine Akteurin kommentiert: „Weil ich die Idee gut finde, dass Landwirtschaft nicht allein nur an einem hängen bleibt, sondern dass sich Leute, die das essen wollen, auch verantwortlich zeigen, dass das gut ist für die Umwelt, für die Menschen, für alle.“

Corona befördert diese Denkweise und hat die Lage entscheidend verändert. Obst und Gemüse werden zu 60 Prozent nach Deutschland importiert. Das wurde deutlich, als die Grenzen von heute auf morgen geschlossen worden sind. Das Angebot in Handelsketten schmolz bis hin zu leeren Regalen. Der regionale Anbau rückt nun in den Vordergrund und erfährt wachsende Aufmerksamkeit.

Weil sich der Gemüseanbau für den „modernen“ Landwirt nicht mehr lohnt, werden alternative Anbaumethoden kreiert. Eine davon stammt von dem an der Technischen Universität Hamburg tätigen Abwasserexperten Ralf Otterpohl. Für sein Konzept „Neues Dorf“ skizziert er Gartenringe rund um die Metropolen. Dort sollen stadtmüde Bürger unter professioneller Anleitung Gemüse säen, pflegen und ernten. Otterpohl entwickelte seine Vision aufgrund des aus den USA kommenden, ökonomisch erfolgreichen „Market-Gardening-Trends“. Danach übernehmen junge Leute eine Farm, arbeiten mit biointensiven Verfahren auf kleinster Fläche ohne Kunstdünger und Pestizide und erzielen dabei hohe Erträge. In Deutschland könnten alteingesessene Bauern den neuen Dorfbewohnern kleinere Flächen überlassen und dafür eine Pacht erheben.

Das Modell geht auf die Permakulturfarm Le Bec Hellouin in der Normandie zurück. Der Deutschlandfunk ergänzt: „Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im Brandenburger Müncheberg, kurz ZALF, hat in einer Studie in Zusammenarbeit mit Universitäten in Großbritannien, Italien und den Niederlanden herausgefunden: Die regionale Versorgung von Metropolregionen ließe sich mit entsprechender Förderung deutlich ausweiten. Anders als zum Beispiel London und Rotterdam, deren Umland zu dicht besiedelt ist, könnte sich die deutsche Hauptstadt Berlin sogar vollständig aus dem Umland ernähren.“

Ein Großteil der Solawie Betriebe sind genossenschaftlich organisiert. Solawi Betriebe sind sogenannte „Prosumer Genossenschaften“. Der Begriff erklärt sich von selbst. Aus den Begriffen Produzenten und Konsumer werden durch wirtschaftliche Kooperation Prosumer.

Gegen die Rechtsform Genossenschaft spricht lediglich der hohe Gründungsaufwand und die laufend anfallenden hohen Prüfungskosten – die ganz nebenbei für eine nicht nachvollziehbare Leistungen abgerechnet wird. Diese Erbschaft aus dem Dritten Reich betrifft nur Deutschland und Österreich. Benötigen Genossenschaften einen Prüfer, der nachrechnet ob der bereits haftende Steuerberater richtig gerechnet hat? Diese Frage hat sich auch schon so mancher genossenschaftlich organisierterter Dorfladen gefragt.
Weiterführende Hintergrundinformationen zum Thema Genossenschaften gibt es hier:

Genossenschaften und Sozialismus
Genossenschaften und Gemeinwohl
Genossenschaften im Nationalsozialismus

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