Weimar, 1. Mai 2020 (geno). Vor genau 100 Jahren – am 1. Mai 1920 – schlug die Geburtsstunde des Freistaates Thüringen. Sieben kleine Frei- und Volksstaaten, die nach dem Ersten Weltkrieg aus Kleinfürstentümern hervorgegangen waren, hatten sich zusammengeschlossen. Vereint und im Gleichklang mit der entstehenden Weimarer Republik sollte der neue Freistaat Thüringen grundlegende Reformen und demokratische Verhältnisse herbeiführen, bei denen Genossenschaften wesentliche Meilensteine zu setzen hatten. Wie die Kooperationswirtschaft in der Mitte Deutschlands diese Erwartung erfüllt hat, wird nun in einem Forschungsprojekt untersucht. Es läuft unter dem Namen „Genossenschaftsgeschichtliche Skizzen des im Jahr 1920 neugegründeten Freistaates Thüringen und der Weimarer Republik“. Das Vorhaben wurde von der Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder igenos für einen Projektwettbewerb des Vereins Weimarer Republik konzipiert und eingereicht. Kürzlich wurde es ausgewählt und erhält finanzielle Unterstützung vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz.
Thüringens Genossenschaftsgeschichte ist weitgehend unerforscht und harrt einer gründlichen wissenschaftlichen Erkundung. Beispielsweise gibt es in Thüringen 345 anerkannte altrechtliche Waldgenossenschaften, die maßgeblich die lokale und regionale Siedlungsstruktur geprägt haben. Diese Genossenschaften sind sehr alt und einzelne von ihnen blicken auf eine Geschichte von mehr als einem halben Jahrtausend zurück. Die Epoche der Weimarer Republik hat wichtige Impulse für die thüringische und deutsche Genossenschaftsbewegung ausgelöst, bevor sie von den Nationalsozialisten geradezu in einen Zustand der Neutralisation, Gleichschaltung und Lähmung versetzt wurde, aus dem sie bis in die Gegenwart nicht spürbar herausgekommen ist. Beispielsweise kämpft die Konsumgenossenschaft Altenburg bis heute vor deutschen Gerichten um ihren Fortbestand nach den Genossenschaftsprinzipien der Selbstverwaltung, Selbsthilfe und Selbstverantwortung. Aktuelle juristische Auspizien erlauben wenig Optimismus. ++ (hi/mgn/01.05.20 – 066)
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