Erfurt, 5. Februar 2020 (geno). Genossenschafts-, Bürger- und Wählernähe sind bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen am Mittwoch vollends ad absurdum geführt worden. Das verdeutlicht der gesamte Verlauf der Veranstaltung. Die überschäumende öffentliche Empörung der Parteien und ihrer Spitzenfiguren über das Wahlergebnis und dessen Zustandekommen bietet den weiteren Höhepunkt eines Schauspiels, das sich nicht nur in Thüringen, sondern in ganz Ostdeutschland seit dreißig Jahren in Endlosschleife abspielt und die Forderungen der Friedlichen Revolution in der DDR auf den Kopf stellt.
Nun hat der Freidemokrat und neue Thüringer FDP-Ministerpräsident Thomas Kemmerich dafür gesorgt, dass die von den herrschenden Parteien aufgelegte Langspielplatte von der Demokratie regelrecht mit der Nadel des Tonabnehmers „durchgesägt“ worden ist. Der verlogene und beschönigende Dauer-Song von Zivilgesellschaft, Demokratie sowie Meinungsfreiheit ist verstummt.
Für die auf innerer Demokratie und Selbstbestimmung ruhende wahrhaftige Genossenschaftsbewegung erwächst die reale Chance, ihr Haupt zu erheben. Um der unverfälschten Genossenschaftsidee, die in Thüringen ohnehin eine jahrhundertealte und besondere Heimat hat, zum Durchbruch zu verhelfen, ist jetzt beispielsweise die dritte Hauptsäule eines Rechtsstaates gefragt. Es handelt sich um die bundesdeutsche Justiz. Ihrem höchsten Gremium – dem Bundesverfassungsgericht – liegt nunmehr seit Jahren eine genossenschaftliche Verfassungsbeschwerde aus Thüringen vor. Es geht dabei um die Grundsatzfrage, ob in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin Gesetze aus nationalsozialistischer Herrschaftszeit angewandt werden. Diesem Lackmustest wird das höchste bundesdeutsche Gericht von der Konsumgenossenschaft Altenburg unterzogen. Ihr droht nämlich die Auflösung, weil sie sich nicht einer Vorschrift aus dem Jahr 1934 über die Zwangsmitgliedschaft in einem Prüfungsverband unterwirft. Es geht also nicht mehr um die Abkehr von oberfächlichem, geradezu aufgeschwätztem Rechtsextremismus, sondern um die Abkehr von substantiell extremistischem Gedankengut und dessen „Rechtsetzung“. ++ (gb/mgn/05.02.20 – 019)
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