Arnstadt, 29. Januar 2020 (geno). Zukunftskonferenz Genossenschaft. Regional orientierte genossenschaftliche Förderung widerspricht den vom Genossenschaftsgesetz verlangten Fördergrundsätzen.
Diese Unsitte ist besonders stark bei Genossenschaftsbanken und Wohnungsgenossenschaften verbreitet. Sie verfehlt die eigentliche Zweckbestimmung genossenschaftlicher Tätigkeit. Das erklärt Prof. Volker Beuthien von der Philipps-Universität Marburg gegenüber der Redaktion GenoNachrichten am Rande der am Mittwoch in Arnstadt veranstalteten zweiten Zukunftskonferenz Genossenschaft des Deutsch Europäischen Genossenschafts- und Prüfungsverband DEGP.
Eine den Kern des Genossenschaftsgedankens treffende Förderung müsse immer unmittelbar den Mitgliedern der betreffenden Kooperative zugutekommen und dürfe sich nicht undifferenziert über die Bevölkerung oder die Vereinslandschaft einer bestimmten Region ergießen. Es sei bedauerlich, dass solche Substanz-Mängel ausgerechnet bei Kredit- und Wohnbaugenossenschaften gehäuft auftreten, zumal diese klassischen Kooperations-Sparten besondere Popularität genießen und gerne Vorschuss-Lorbeern einkassieren. Die von solchen Genossenschaften fehlinterpretierten Paragraphen zur Mitgliederförderung trübten den strahlenden Glanz der Genossenschaftsidee erheblich ein und belasteten Deutschlands Genossenschaftsbewegung spürbar. Insofern könne bei Bank-, Wohnungs- und auch Handelsgenossenschaften durchaus von einer gewissen Stagnation gesprochen werden. Dagegen sorgten neue Genossenschaften beispielsweise in der Ärzteschaft, im Energiebereich und bei Dienstleistungen für frischen Wind, neue Impulse und innovatives Denken. Auch bis in die Gegenwart bestehende altrechtliche Genossenschaften, die bereits viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte auf dem Buckel haben, in der sogenannten vorkonstitutionellen Zeit gegründet wurden und nur ihrer jeweiligen Satzung verpflichtet sind, dürften die ihnen dadurch gebotenen Zusatzfreiheiten in vollen Zügen ausleben. ++ (ge/mgn/29.01.20 – 015)
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Anmerkung der Redaktion GenoNachrichten. Anscheinend gibt es zum Thema Mitgliederförderung in der Genossenschaftswissenschaft keine durchgängig Meinung. Und das ist auch gut so. Der Beitrag von Prof. Dr. Volker Beuthien trägt nicht nur zur Ehrenrettung der AGI Institute bei, sondern belebt auch die Diskussion um den Förderauftrag.
Die Zukunft der Genossenschaften hängt auch von ihrem guten Ruf in der Gesellschaft ab. Genossenschaften werden heute sogar schon von Politik und Medien als Marke bezeichnet.
Ein weiters Thema am Rande der Zukunftskonferenz Genossenschaft war auch die missbräuchliche Nutzung des Rechtsmantels der eG. Dies betrifft vor allem eine „Abart von Genossenschaften“, die bereits von der Politik und den Medien als schwarze Schafe thematisiert wurden. Darum gab es am Rande der Tagung auch weitere interessante Diskussionen. Zum Beispiel über eine auffällige statistisch Häufung, die offensichtlich belegt, dass vor allem eine Beratungsgesellschaft in der Gründungsphase dieser „Problem-Genossenschaften“ besonders häufig in Erscheinung getreten ist und somit mehr als nur professionelle Beihilfe geleistet hat.