Berlin, 18. Oktober 2019 (geno). Wegfrei zur echten Genossenschaft und zur gelebten Mitgliederförderung. Seit der letzten Reform des Genossenschaftsgesetz (GenG) und der aktuellen Bundesrats Initiative zur Verbesserung des Mitgliederschutzes, ist der genossenschaftliche Förderzweck auch zum Schlagwort der Verbände geworden. Allerdings ist die diesbezügliche Weiterbildung durch die Verbände unkonkret und die Genossenschaftswissenschaft bleibt zu allgemein. Das kritisiert Dr. Sonja Menzel vom Bundesverein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens zum Abschluss einer Diskussionsveranstaltung ihrer Vereinigung am Freitagabend in Berlin.
Eine nützliche und konstruktive Kommunikation darüber sei bisher nicht gelungen und wenig wertschätzend gewesen. Weil der Förderauftrag jedoch die Leitmaxime von Genossenschaften verkörpere, müsse dem nun endlich Genüge getan werden. Dazu sei nun ein intensiver Dialog zu entfalten.
Dass es dazu deutschlandweit bereits zahlreiche hoffnungsvolle Ansätze gibt, zeigten die vorangegangenen Schilderungen aus Genossenschaften in Berlin, Sachsen und Bayern.
Eindrucksvolles aus Franken berichtete der Vorstand der Raiffeisenbank Main-Spessart eG, Manfred Heuer. Diese Genossenschaftsbank befindet sich auf dem Weg zur „echten“ Genossenschaft. Beispielsweise stellt sie seit drei Jahren eine Förderbilanz auf, um ihren mehr als 44.000 Mitgliedern Rechenschaft über konkrete Mitgliederförderung abzulegen. Dabei spielt die demokratische Mitsprache und Mitbestimmung eine dominante Rolle. Um ihre rund 300 Vertreter für jeweils vier Jahre zu finden, wird wie bei Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen ein regelrechter Wahlsonntag festgelegt, an dem die Genossenschaftsmitglieder der Raiffeisenbank Main-Spessart an die Wahlurne treten und ihre Stimme für die von ihnen bevorzugten Vertreter abgeben. Zu deren Tätigkeit heißt es in der „Förderbilanz 2018“ im 3. Genossenschaftlichen Rechenschaftsbericht: „Die Vertreter aus den jeweiligen Regionen diskutieren an insgesamt 16 Abenden gemeinsam mit Vorstand und Führungskräften ihrer Bank aktuelle Themen und bereiten sich dabei auch auf die alljährliche Vertreterversammlung vor. Die Vertreterdialoge finden in der Regel in den Monaten März und April statt.“ An diesen Gesprächsrunden haben im vergangenen Jahr 58,8 Prozent der Mitgliedervertreter teilgenommen. ++ (fz/mgn/18.10.19 – 178)
Kommentar: Wegfrei zur echten Genossenschaft – Mitgliederförderung. Wenn diese Aussage wirklich ernst gemeint ist, hat der Bundesverein zur Förderung der Genossenschaftsidee (BzFdG) eine echte Zukunftsinitiative. Der BzFdG – eine SPD Initiative – wurde 1986 gegründet und hat Geschichte geschrieben. Vielleicht gelingt es dem BzFdG das Thema Genossenschaft zu modernisieren und neu zu positionieren. Die SPD braucht dringend neue Themen und vor allem einen neuen, glaubwürdigen Zugang zur Genossenschaftsidee. Nach dem weltweiten Marktversagen der neoliberalen Wirtschaftspolitik ist die Kooperationsgesellschaft sicherlich ein Thema mit Zukunftsperspektive Gerald Wiegner igenos e.V.
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2 Kommentare.
[…] deutschen Genossenschaften nicht aus den Augen verlieren will. Das erklärte Burghard Flieger vom Bundesverein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens (BzFdG) am vergangenen Wochenende in Berlin. Die Botschaft aus der Bundesregierung sei eindeutig. […]
Nun ja, wenn im Förderbericht des Jahres 2018 im Vorwort des Vorstands der Raiffeisenbank Main-Spessart zu lesen ist, dass Förderung am Ende das ist, was die Bank ihren Mitgliedern als Förderleistung anbietet und was diese dann als solche auch nachfragen, dann sollte auch mal nachgefragt werden, wer denen das erzählt hat.
Denn dabei wird versucht zu suggerieren, dass Mitglieder nach Förderleistungen fragen müssen und dann auch nur solche erhalten, die extra dafür konstruiert wurden und bei denen gewisse Voraussetzungen zu erfüllen sind.
Dabei ist es ganz anders. Denn die Raiffeisenbank Main-Spessart eG ist eine Genossenschaft. Die Mitgliedschaft bezieht sich nicht auf die Bank sondern auf die Genossenschaft. Das Bankgeschäft ist lediglich der Geschäftsgegenstand. Und nachdem § 1 GenG und auch die Satzung hervorheben, dass der Zweck der Genossenschaft in der Förderung der Mitglieder besteht, ist das Bankgeschäft lediglich der Gegenstand, mit dem die Mitglieder gefördert werden müssen.
Und das beinhaltet eben, dass nicht die Mitglieder eine Förderleistung als solche nachfragen müssen, nein, es bedeutet, dass die Genossenschaft ihre Mitglieder von sich aus fördern muss. Ohne dass diese nach einer Förderung fragen müssen. Schließlich ist Mitgliederförderung eine Bringschuld der Genossenschaft und des Vorstands und keine Holschuld der Mitglieder.
Eine wirklich „gelebte“ Mitgliederförderung würde in erster Linie und absolut ausschließlich bedeuten, die Mitglieder der Genossenschaft „Raiffeisenbank Main-Spessart eG“ unmittelbar zu fördern. Unmittelbar bedeutet dabei, dass Vorteile, die in anderen Rechtsformen zu Gewinnen für den Geschäftsbetrieb „Bank“ führen würden, in einer Genossenschaft beim Geschäft mit Mitgliedern diesen wieder zurückgegeben werden.
Doch solange diese unmittelbare Förderung der Mitglieder nicht geschieht, soll keine Volks- oder Raiffeisenbank in der Rechtsform Genossenschaft von sich behaupten, sie würde den gesetzlich vorgegebenen Förderauftrag erfüllen.